Verismus

Verismus: (lateinisch verus, «wahr») in der Literatur die um 1880 in Süditalien unter französischem Einfluss begründete Form des Naturalismus. Die Veristen (besonders G. Verga, L. Capuana, G. Deledda, M. Serao) gestalteten vornehmlich soziale Themen ihrer engeren Heimat, dies gab ihrem Schaffen einen ausgeprägt regionalistischer Charakter; ihre Weitsicht war pessimistisch und fatalistisch. Unter dem Einfluss des literarischen Verismus entwickelte sich um 1890 in Italien ein Opernstil, der in den Mittelpunkt die nackte, oft krasse, unreflektierte «Wahrheit» stellte und das alltägliche, Leben, vor allem die soziale Problematik der Zeit, wirklichkeitsgetreu, in ihren unmittelbaren Erscheinungen, wiedergeben wollte. Die ersten veristischen Opern waren P. Mascagnis «Cavalleria rusticana» (1890) und R. Leoncavallos «Der Bajazzo» (1892); Hauptmeister wurde G. Puccini mit den Opern «La Bohème» (1896), «Tosca» (1900) und «Madame Butterfly» (1904). Der Verismus wurde auch in anderen europäischen Ländern aufgegriffen (zum Beispiel von E. d’Albert in «Tiefland», 1903). Ausgehend von der Literatur und dem Musiktheater, wurde der Begriff Verismus in den 20er Jahren auf die bildende Kunst übertragen und besonders von den Vertretern der Neuen Sachlichkeit als geeignete Methode bei der Gestaltung gesellschaftskritischer Themen genutzt (O. Dix, G. Grosz). Durch die übersteigerte, herausfordernd sachliche und krasse Wiedergabe der Realität sollte auf die Unerträglichkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse hingewiesen werden.