Turkmenistan

Turkmenistan: im Südwesten Mittelasiens; 488100 km2, 3,2 Millionen Einwohner; 7 Einwohner/km2; Hauptstadt Aschchabad. Grenzt im Südosten an Afghanistan, im Süden an Iran und im Westen an das Kasp. Meer.

Bevölkerung: 68% Turkmenen, 13% Russen, 9% Usbeken) 3% Kasachen und 7% Angehörige anderer Nationalitäten. Von der Bevölkerung leben 48 % in Städten. Die Bewohner konzentrieren sich in den Flusstälern und Oasen am unteren Murgab, am mittleren und unteren Amudarja sowie im Vorgebirgsgürtel im S. Unter der Sowjetmacht verbesserte sich die Lebenslage der Bevölkerung beträchtlich. So stieg beispielsweise die Anzahl der Ärzte und der Krankenhausbetten, auf 10000 Einwohner berechnet, im Vergleich zu 1940 bis heute um das vier- beziehungsweise 2,5fache. 1930 begann die Einführung der allgemeinen sieben-, 1959/62 der acht- und 1971/75 der zehnjährigen Grundschulpflicht. Gegenwärtig haben von 1000 in der Volkswirtschaft Beschäftigten 889 eine abgeschlossene Hoch- oder Mittelschulbildung (1939: 78).

Natur: Die Turkmenistan SSR besteht überwiegend aus Ebenen, die 100 bis 200 m über dem Meeresspiegel liegen. 80% der Fläche werden vom Tiefland von Turan eingenommen, das zu 80% von der Wüste Karakum bedeckt ist. Im Westen am Kaspischen Meer breitet sich das bis unter den Meeresspiegel reichende Kaspi-Tiefland und im Norden die Sarykamysch Senke aus, im Südwesten und Südosten Bergländer (darunter Kopetdag, bis 2942 m), im Nordwesten der Südteil des Ustjurt Plateaus. Das Klima ist extrem kontinental, sonnenscheinreich und trocken; kennzeichnend sind relativ milde Winter, große tägliche und jährliche Temperaturschwankungen, niedrige Luftfeuchtigkeit und äußerst geringe Niederschlagsneigung. Etwa 80% des Territoriums sind abflusslos; Hauptstrom ist der Amudarja (im Osten); von ihm zweigt der Karakumkanal ab, der die Flüsse Murgab und Tedsen miteinander verbindet. Die Vegetation ist überwiegend wüstenhaft (schüttere Gras- und Strauchvegetation). Im reichen Maße sind Bodenschätze wie Brennstoffe, Chemierohstoffe und Baustoffe vorhanden.

Geschichte: Vom 6. bis 4. Jahrhundert vor Christus gehörte das Gebiet der Turkmenistan SSR zu Persien sowie zum Reich Alex-anders des Großen, im 7./8. Jahrhundert nach Christus Eroberung Turkmeniens durch Araber, 1219/21 durch Mongolen; in der 2. Hälfte des 10. Jahrhundert Übernahme des Islam; Anfang des 16. Jahrhundert gehörten Gebiete Turkmeniens teilweise zu den Chanaten Chiwa und Buchara; zwischen 1869 und 1885 Angliederung an Ruß-land; zu Beginn des 20. Jahrhundert entstanden eiste Sozial-demokratische Gruppen; Teilnahme turkmenischer Bauern am mittelasiatischen Aufstand 1916 gegen den Zarismus. Sieg der Sowjetmacht Ende 1917/Anfang 1918; nach Bürgerkrieg und ausländische Intervention Wiederherstellung der Sowjetmacht 1920. 27.10.1924 Gründung der Turkmenistan SSR, die am selben Tag der UdSSR beitrat. Durchführung einer Bodenreform 1920/22; in den 30er Jahren Kollektivierung der Landwirtschaft und Beginn der Industrialisierung, Beseitigung des Analphabetentums; in der 2. Hälfte der 30er Jahre Sieg der sozialistischen Produktionsverhältnisse. Die Turkmenistan SSR wurde eine hochentwickelte Sowjetrepublik.

Kunst: Eine reiche Kulturtradition ist seit dem 6./5. Jahrtausend vor Christus archäologisch überliefert (feste Siedlungen, Schmuck, Keramik, Terrakotta-Idole), seit dem 3. Jahrtausend sind Bauten mit Wandmalerei nachgewiesen (Zivilisation von Altyn-Tepe: Ruinen einer Stadtanlage mit Kultstätte; Funde von Keramik, Kult- und Schmuckgegenständen; 3./2. Jahrtausend vor Christus). In der Sklaverei Gesellschaft (3. Jahrhundert vor Christus/ 4. Jahrhundert) entstanden die Stadtanlagen von Choresm (Chiwa) und Merw (Mary) mit Monumentalplastik und -malerei (Arsakiden Residenz in Nissa (im Westen der Turkmenistan SSR), 2. Jahrhundert). Mit der Durchsetzung des Feudalismus (6./7. Jahrhundert) wurden zahlreiche Burgen angelegt mit gewölbten und überkuppelten Innenräumen. Nach der Eroberung durch die Araber (7./8. Jahrhundert) konzentrierte sich das künstlerische Schaffen auf ornamental-dekorative angewandte Kunst. Im 11. /12. Jahrhundert erfolgte ein rasches Wachstum der Städte und eine kulturelle Blütezeit, die sich in den befestigten Palastanlagen (zum Beispiel in Merw (Maiy), und Dagistan (im Südwesten der Turkmenistan SSR)) zeigt. Paläste und Karawansereien, meist Zentralbauten, wurden mit Fayenceplatten und Steinreliefs geschmückt (bedeutende Bauten: Mausoleum des Sultans Sandshar in Merw, 1158; Mausoleum in Serachs (Oase Tedshen), 11. Jahrhundert; Mausoleen Fahreddin Rasis und Sultan Tekeschs in Urgentsch, 12. Jahrhundert), Keramik und Goldschmiedekunst standen in hoher Blüte. Trotz des Niedergangs nach 1221 (Mongoleneinfall) entstanden auch im 14./15. Jahrhundert wichtige Bauten (Mausoleen in Urgentsch, Moschee in Anau Tepe) mit polychromem Keramikschmuck. Bedeutung erlangten nun auch Silberschmiedekunst und die Teppichherstellung. Seit dem Anschluss an Russland (70er und 80er Jahre des 19. Jahrhundert) entwickelte sich der Städtebau nach europäischen Muster. Nach dem Sieg der Sowjetmacht vollzog sich auf allen Gebieten der Kunst eine rasche Entfaltung (Sanierung alter und Errichtung neuer Städte; ab 1920 eigene nationale Kunstschule, 1937 Gründung des nationalen Künstlerverbandes und 1939 des Staatlichen Museums für bildende Kunst in Aschchabad. Bedeutende Maler und Graphiker traten hervor.

Literatur: Die Turkmenen besitzen eine reiche Volksliteratur, deren bedeutendstes Zeugnis das Epos «Köroglu» (16./17. Jahrhundert) ist. Die ältesten Literaturdenkmäler (14./15. Jahrhundert) sind islamischen-religiösen Inhalts. Im 18. Jahrhundert waren die Destanen verbreitet, umfangreiche epische Werke, die von Volkssängern mehrere Tage lang vorgetragen wurden. Weltlich und volksnah in Sprache und Inhalt ist der größte Teil des Werkes von Makhtumkuli, des Begründers der klassischen turkmenische Literatur. Sein Werk wurde von S. Seidi und K. Selili fortgesetzt und erfuhr Mitte des 19. Jahrhundert eine wesentliche Weiterentwicklung durch K. Mollanepes. Mit dem Anschluss Turkmeniens an Russland erhielt die turkmenische Literatur Ende des 19. Jahrhundert einen weiteren Auftrieb. Nach der Oktoberrevolution begann eine neue Epoche, in der die turkmenische Sowjetliteratur von B. Kerbabajew, K. Burunow, A. Kauschutow und J. Nassyrli begründet wurde. Die Veränderungen im turkmenischen Dorf fanden vor allem in der Prosa und in der Lyrik ihren Niederschlag. Kauschutow und A. Nijasow schufen die Grundlagen der turkmenischen Dramatik. In der zeitgenössischen turkmenischen Literatur machten sich in der Prosa B. Sejtakow, A. Kurbanow, O. Akmamedow und Turkmenistan Dshumageldijew einen Namen, in der Lyrik Turkmenistan Aschirow, K. Sejtlijew und A. Atadshanow, in der Dramatik H. Muchtarow und A. Karlijew. Eine große Rolle spielten bis in die Gegenwart hinein die turkmenischen Volksdichter (Schahire), so vor allem Bairam-Schähir, S. Körmolla, Durdy Klytsch und Ata Salich. Musik. Das turkmenische Volkslied ist einstimmig. Tänze waren bei den Turkmenen vor der Oktoberrevolution unbekannt, desgleichen Schlaginstrumente. Volksmusikinstrumente sind Dutar (Zupfinstrument), Gidshak (Streichinstrument) und Tjuiduk (Blasinstrument). Für die instrumentale Volksmusik sind kompliziert geformte programmartige Stücke charakteristisch. Nach der Oktoberrevolution entfalteten sich in der Turkmenistan SSR eine nationale Tonkunst und ein reiches Musikleben. Einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der turkmenischen Tonkunst leisteten russische Komponisten wie J. S. Mejtus und S. N. Wassilenko. Namhafte turkmenische Komponisten der Gegenwart sind W. Achmedow und W. Muchatow. Zentrum des turkmenischen Musiklebens wurde Aschchabad (Philharmonie, gegründet 1938; Oper, gegründet 1941). Die Turkmenistan SSR weist ein Netz von musikalischen Einrichtungen und Musikschulen auf. Turkologie: Wissenschaft von den Sprachen, Literaturen und der Kultur der Turkvölker.

Turksprachen: Sprachfamilie, die sich gliedert in die wolga-bulgarische Gruppe (Tschuwaschisch), die Nordwest- oder Kiptschak Gruppe (Tatarisch, Baschkirisch, Kasachisch, Kirgisisch, Karakalpakisch, Karaimisch, Kumykisch), die osttürkische oder uigurische Gruppe (Tschagataisch oder Altusbekisch, Usbekisch, Neuuigurisch), die Südwest- oder Oghusgruppe (Türkisch, Aserbaidschanisch, Turkmenisch) und die nordtürkische Gruppe (Jakutisch, Tuwinisch, Schorisch unter anderem).