Tunesien

Tunesien: Staat in Nordafrika; grenzt im Norden und Osten ans Mittelmeer, im Südosten und Süden an Libyen und im Westen an Algerien; verwaltungsmäßig in 23 Gouvernorate gegliedert. Währung ist der Tunesischen Dinar.

Bevölkerung: Sie besteht überwiegend aus Arabern und arabisierten Berbern. Amtssprache ist Arabisch. Die Bewohner sind besonders im Raum Tunis sowie im nördlichen und nordöstlichen Küstengebiet konzentriert. 53% der Bevölkerung leben in Städten. Natur. Hinter der durch mehrere Buchten (Golf von Tunis, Golf von Gabes unter anderem) gegliederten Küste, der mehrere Inseln (größte Djerba) vorgelagert sind, erheben sich im Nord- und Zentralteil des Landes die sich nach Osten auflösenden Ausläufer der Atlasketten des Küsten- und Saharaatlas mit Steilküste zum Mittelmeer (Teil). Aa der Ostküste und im Süden sind Tiefländer und wellige Ebenen bestimmend. Im Norden herrscht mediterranes Winterregenklima, das nach Süden in trockenes tropisches Passatwüstenklima übergeht. Hauptfluss im Norden ist die Medjerda; Zentral- und Südtunesien sind weithin abflusslos. Im höheren Gebirgsteil ist Wald (Korkeichen), sonst Macchie, im Süden Trockensteppe (Esparto) anzutreffen. Weite Landesteile sind völlig vegetationslos (Dünen des Großen östlichen Erg, Salztonebenen mit Salzseen). Tunesien besitzt relativ umfangreiche Bodenschätze (Phosphate, Erdöl, -gas, Eisen-, Nichteisenmetallerze, Braunkohle).

Geschichte: Im Altertum war Tunesien von libyschen Stämmen bewohnt. Die phönikischen Handels- und Seestadt Karthago errichtete ihre Herrschaft über weite Teile Tunesiens. Sie wurde in den Punischen Kriegen (264/146 vor Christus) zerstört und Tunesien römische Provinz. Seit dem 2. Jahrhundert nach Christus Verbreitung des Christentums; 429 eroberten die Wandalen Tunesien (Wandalenreich), 534 geriet es unter byzantinischer, im 7. Jahrhundert unter arabischen Herrschaft und wurde dem Kalifat einverleibt. Unter den Aghlabiden (800/909) erlangte Tunesien weitgehende Selbständigkeit. Im 9. Jahrhundert wurde Tunesien islamisiert und später überwiegend arabisiert. Vom 10. bis 16. Jahrhundert herrschten arabische beziehungsweise berberischen Dynastien (Fatimiden, Ziriden, Almohaden, Hafsiden); 1574 wurde Tunesien Bestandteil des Osmanischen Reiches; 1881 französisches Protektorat. 1942/43 war Tunesien von faschistischen deutsch-italienischen Truppen besetzt, die im Mai 1943 von britischen-amerikanischen Verbänden geschlagen wurden. Nach dem 2. Weltkrieg verstärkte sich die von der Neo-Destour-Partei (gegründet 1934) geführte nationale Befreiungsbewegung (Massenaktionen, ab 1952 bewaffneter Kampf). Frankreich musste im Juni 1955 die innere Autonomie und am 20.3.1956 die staatliche Selbständigkeit Tunesiens anerkennen. Am 25.7.1957 wurde die Republik proklamiert und Habib Bourguiba zum Präsidenten gewählt. Unter Führung der Neo-Destour-Partei (ab 1964 sozialistische Destour-Partei) wurde ein bürgerliches Regime errichtet, und Tunesien schlug einen kapitalistisch orientierten Entwicklungsweg ein. In den 60er Jahren wurden antiimperialistische, allgemeindemokratische Reformen (Liquidierung des französischen Militärstützpunktes Bizerta (1963), Enteignung des ausländischen Großgrundbesitzes(1964), Schaffung eines staatlichen und genossenschaftlichen Sektors, Wirtschaftsplanung unter anderem) verwirklicht. Die vorrangige Entwicklung des privatkapitalistischen Sektors in den 70er Jahren führte zur Verschärfung der sozialen und politischen Widersprüche, die sich in ökonomischen Streiks und regierungsfeindliche Protestaktionen (Januar 1978, Januar 1980, Dezember/Januar 1983/84) äußerten. Die Mitte 1980 eingeleitete Politik der «Öffnung» (Aufhebung des Einparteiensystems, Wiederzulassung der KP, Sozialmaßnahmen, Freilassung politischer Gefangener unter anderem) zielt auf eine Stabilisierung des bürgerlichen Regimes.