Südamerika

Südamerika: der südlichen Teil des amerikanischen Doppelkontinents.

Größe, Lage, Erstreckung: Viertgrößter Erdteil, zum überwiegenden Teil südlich des Äquators gelegen; 17,83 Millionen km2. Südamerika (einschließlich der Inseln) erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung von der Punta Gallinas (12° nördliche Breite) bis zum Kap Hoorn (56° südliche Breite) über 7 500 km und in Ost-West-Richtung vom Kap Branco (34° westlicher Länge) bis zur Punta Parinas (81° westlicher Länge) über 5000 km. Die Küsten sind wenig gegliedert, nur im äußersten Süden und Südwesten löst sich die Küstenlinie in eine Vielzahl von Halbinseln und küstennahen Inseln auf. Einzelne Inselgruppen liegen weit entfernt vom Festland im Stillen Ozean, andere im südlichen Atlantischen Ozean und im Karibischen Meer. Im Norden stellen der Isthmus von Darien und der Antillenbogen die Verbindung zu Mittelamerika her, im Süden bildet die submarine Sandwichschwelle den Übergang zur Antarktis.

Bevölkerung: Mit der Entdeckung und Eroberung Südamerikas wurde die ursprüngliche Indianerbevölkerung durch die europäischen Eindringlinge zunehmend dezimiert und in entlegene Gebiete zurückgedrängt. Reinrassige Indianer leben nur noch in den Anden (besonders in Ekuador, Peru, Bolivien) und im Amazonastiefland. Die Mehrzahl der Bewohner besteht aus einer Mischbevölkerung (Mestizen, Mulatten, Zambos), während die Kreolen eine Minderheit bilden. In den tropischen Randgebieten leben Afroamerikaner. Der Hauptteil der seit dem 19. Jahrhundert verstärkt nach Südamerika Einwandernden war europäischen (Spanier, Portugiesen, Italiener, Franzosen, Deutsche, Polen) sowie asiatischer Herkunft (Japaner, Inder unter anderem). Die Bevölkerung ist sehr ungleichmäßig über das Territorium verteilt. Die von immergrünen tropischen Regenwäldern bedeckten Tiefländer und die Bergländer im Inneren Südamerikas sind extrem dünn besiedelt, feie auch viele Gebiete in den Hochgebirgen und in Patagonien. Dagegen ist die Ostküste von Recife im Norden bis zur Pampa im Süden relativ dicht bewohnt. An der Westseite Südamerikas sind die Gebiete um die Hauptstädte, die Höhenlagen der tropischen Anden (2000 bis 4000m über dem Meeresspiegel), Mittelchile und die Erdölgebiete Venezuelas Zentren dichterer Besiedlung. Typisch für Südamerika ist das rasche Anwachsen der Stadtbevölkerung in Form des Marginalismus, das heißt in schnell sich ausbreitenden primitiven Stadtrandsiedlungen, die ausgesprochene Elendsviertel darstellen. Die Anteile der Stadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung schwanken zwischen den einzelnen Ländern sehr stark.

Natur: Oberfläche. Sie wird durch den Gegensatz zwischen Westen und Osten bestimmt. Den schmalen Westteil nehmen die im Tertiär aufgefalteten, in Südamerika als Anden bezeichneten Kordilleren ein, die den gesamten Kontinent in nahezu meridionalem Lauf durchziehen und denen die Hochplateaus der Punas eingelagert sind. An der Küste des Stillen Ozeans brechen sie in einem Steilabfall zum bilden mit etwa 14600 m die größte Höhendifferenz der Erdoberfläche auf kürzester Distanz. Die Anden gliedern sich von Norden nach Süden in die fächerartig auseinandergehenden kolumbianisch-venezolanische Anden (Ost-, Zentral-, Westkordillere) mit den zwischengelagerten Tiefebenen des Magdalena und Cauca, denen sich der ekuadorianisch-peruanische Andenteil mit seinen enggescharten Hauptketten und den schmalen Tälern der Amazonasquellflüsse Maranon und Ucayali anschließt. Im breiten Mittelteil der Zentralanden liegen ausgedehnte Hochplateaus (Altiplano). Hier biegen die Kordillerenketten, erneut ansteigend, aus der südöstlichen Streichrichtung in einem scharfen Knick nach Süden ab und erreichen im argentinisch-chilenischen Grenzbereich die höchsten Erhebungen (Aconcagua, 6959 m). Die im Süden schmaler und niedriger werdenden chilenischen Anden lösen sich in der Küstenkette im chilenischen Archipel auf, biegen nach Osten um und setzen sich auf Feuerland fort. Der breite Ostteil Südamerikas mit den Aufschüttungsebenen des Amazonas, Orinoco, Parana und Paraguay besteht aus den beiden vorkambrischen Massiven des Brasilianischen Berglandes und des Berglandes von Guayana. Er setzt sich in einem bis zu 500 km breiten Schelfgürtel im Atlantischen Ozean fort. Diesem Schelfgürtel sitzen auch die Falklandinseln im Süden des Kontinents auf. Die Aufschüttungsebene des Orinoco im Norden wird durch das Bergland von Guayana (Roraima, 2810 m) vom Amazonastiefland getrennt, das im Süden vom Brasilianischen Bergland begrenzt wird. Daran schließt sich im Westen der Senkungsbereich des Parana-Paraguay- und im Süden des La-Plata-Tieflandes an, dem nach den Pampinen Sierren und der innerargentinischen Hochebene das Patagonische Tafelland mit seinem Steilabfall zum Atlantischen Ozean folgt.

Klima: Der überwiegende Teil von Südamerika hat tropisches Klima, nur der schmaler werdende südliche Teil reicht in die gemäßigte und mit einem kleinen Anteil sogar bis in die subpolare Klimazone hinein. Der tropische Teil Südamerikas lässt sich in 5 Klimagebiete untergliedern: das äquatoriale Tieflandklima des Amazonasbeckens, das tropisch-ozeanische Klima der Küstengebiete, das tropische Binnenklima der Berg- und Tafelländer (Bergländer Brasiliens und Guayanas), die pazifische Trockenklimagebiete an der Westküste sowie das tropische Hochgebirgsklima der Anden, das nach Höhenstufen in die Tierra caliente (heißes Land; bis 1000 m über dem Meeresspiegel), Tierra templada (gemäßigtes Land; bis 2500m über dem Meeresspiegel), Tierra fría (kaltes Land; bis über 3000 m über dem Meeresspiegel) und Tierra helada (Frostland) unterteilt wird. Die Schneegrenze steigt dabei von 4700 m in den ekuadorianischen Anden auf 6200 m in den bolivianischen Zentralanden an, fällt dann in den chilenisch-argentinischen Anden auf 4200 m und auf Feuerland bis auf 700 m ab. Der außertropische Teil Südamerikas gliedert sich in 4 Klimagebiete: das subtropische bis gemäßigte Kontinentalklima des La-Plata-Tieflandes, die argentinischen Trockenklimagebiete im Regenschatten der Anden, die pazifischen Subtropengebiete mit Mittelchile unä das niederschlagsreiche kühl-gemäßigte Klima Westpatagoniens, das im äußersten Süden bereits in die subpolare Klimazone hineinreicht. Gewässer. Flüsse. Etwa 92% der Fläche Südamerikas werden zum Atlantischen, 6 % zum Stillen Ozean entwässert. Im Inneren (Gebiete im Andenhochland und der östlichen Vorlandzone) bleiben rund 2 % ohne Abfluss zu den Weltmeeren. Längster und zugleich wichtigster Strom ist der Amazonas mit dem größten Einzugsgebiet der Erde; gefolgt von dem durch Zusammenfluss von Paraná und Paraguay gebildeten Rio de la Plata mit dem größten Wasserkraftpotential Südamerikas am Oberlauf. Fast alle Flüsse sind auf große Strecken hin schiffbar, in den Bergländern weisen sie allerdings zahlreiche Stromschnellen und zum Teil hohe Wasserfälle auf. Seen. An größeren Binnenseen ist Südamerika verhältnismäßig arm. Nur im Gebiet der mittleren Anden (Altiplano) liegen mehrere große abflusslose Seen (Titicacasee, Poopó-See). In den während des Pleistozäns vergletscherten südlichen Teilen bildeten sich auch zahlreiche Rinnenseen (unter anderem Lago Argentino, Lago Buenos, Lago Viedma). An der Nehrungsküste von Uruguay und Südbrasilien liegen mehrere Lagunen (unter anderem Lagoa dos Patos, 10000 km2) sowie auch im nördlichen Küstenbereich Südamerikas (Maracaibo See). Vegetation. Im nördlichen Teil Südamerikas breitet sich mit über 4,5 Millionen km2 Fläche das größte zusammenhängende immergrüne tropische Regenwaldgebiet der Erde aus, das seit den letzten 2 Jahrzehnten durch intensiven Raubbau (Errichtung der I Transamazonica; Erschließung neuerkundeter Lagerstätten) flächenmäßig zunehmend reduziert wird. Es umfasst hauptsächlich das Amazonasbecken und wird hier als Hyläa bezeichnet. An den Berghängen geht der tropische Regenwald in den tropischen Bergwald über. Die lichten Domwälder (Caatinga) Ostbrasiliens und Nordostbrasiliens (hier Sertao genannt) werden im Inneren Südamerikas von den Trockenwäldern der Campos Cerrados abgelöst, die bereits große Ähnlichkeit mit den Trocken- und Domsavannen des Gran Chaco aufweisen. Südwärts erfolgt der Übergang zu den Halbwüsten Argentiniens. Im subtropischen und gemäßigten Bereich schließen sich nach Süden die Busch- und Grassteppen der Pampas und die Steppen Ostpatagoniens an, die teilweise den Charakter von Wüstensteppen tragen. In den Anden wechseln entsprechend der vertikalen Klimastufenabfolge auch verschiedene Vegetationshöhenstufen einander ab. In Südchile geht das dichte Waldkleid aus Nadelbäumen, Eichen und Buchen in größeren Höhen in eine alpine Mattenstufe über. In Mittelchile lockert sich der dichte Waldbestand auf und wechselt in eine immergrüne subtropische Hartlaubvegetation. Darüber breitet sich eine steppenhafte Gebirgsformation aus, die auf den Hochflächen der Anden als Puna bezeichnet wird und nach Süden zu in die Vollwüsten Nordchiles übergeht. Der Nadelwald der stark beregneten Osthänge der Anden wird oberhalb der Baumgrenze von der meist aus niedrigen Sträuchern bestehenden einförmigen öden Paramos abgelöst. Südamerika ist die Heimat vieler Kulturpflanzen, wie Kartoffel, Mais, Tabak, Kakaobaum, Vanille, Tomate. Tierwelt. Die Tierwelt weist viele endemische Formen auf, ist aber arm an Großsäugern. Wichtigste Vertreter der Säugetiere sind Lama, Alpaka, Vikunja und Guanako. In den tropischen Wäldern leben Jaguar, Puma, Tapir sowie Familien der Breitnasenaffen. Die Savannen sind die Heimat von Stachelschwein, Gürteltier und zahlreichen Nagetierarten. Ungewöhnlich groß ist der Artenreichtum an Vögeln (unter anderem Papageien, Kolibris, Kondor als größter Greifvogel der Erde), Reptilien und Insekten, besonders in den dichten, immergrünen Regenwaldgebieten. Die tropischen Binnengewässer werden von einer artenreichen, zum Teil altertümliche Formen aufweisenden Wasserfauna (Piranha, Zitteraal, Schuppenmolch) besiedelt, besonders groß ist dabei der Artenreichtum an Fischen. Bodenschätze. Südamerika ist reich an Bodenschätzen, wobei vor allem das umfangreiche Spektrum hervorzuheben ist. Nur an Steinkohlenlagerstätten ist es relativ arm. Große Erdöl- und Erdgasvorkommen befinden sich in Venezuela, Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Peru, auf Trinidad und Feuerland. Im Bergland von Guayana und im Bergland von Brasilien sind ergiebige Eisen-, Manganerz sowie Bauxitlagerstätten erkundet. In den Anden lagern vor allem Eisen-, Edelmetall- (Peru), Blei-, Zink-, Wolfram-, Zinn- (Bolivien), Kupfer- (Chile), Antimon- (Bolivien), Wolfram- und Platinerze sowie Erdgas, Schwefel, Salpeter, Jod und Phosphate.