Sprache

Sprache: grundlegendes gesellschaftliches Kommunikationsmittel, beruht auf der Fähigkeit des Menschen, Ergebnisse der Erkenntnistätigkeit (Umwelteindrücke, Resultate des Denkens und der Phantasie, Gefühle) mit Abbildern von Lauten beziehungsweise Lautfolgen im Gehirn in verallgemeinernder Weise zu verbinden, diese Verbindungen zu speichern, beliebig zu reproduzieren und zur Kommunikation mit anderen Mitgliedern der Gemeinschaft zu nutzen. Der Ursprung der Sprache vollzog sich in einem einheitlichen Prozess zugleich mit der Ausbildung des Denkens und der Arbeit. Die natürliche Sprache ist ein historisch überliefertes Zeichensystem (System von bedeutungstragenden Lautfolgen beziehungsweise deren schriftliches Äquivalent). Jedes spezielle spracht. System, zum Beispiel das Deutsche, besteht aus einer großen Zahl kleinster bedeutungstragender Einheiten (Morpheme), die ihrerseits aus einer kleinen Zahl von im akustischen Bereich durch Laute realisierten Elementen (Phoneme) nach bestimmten Strukturregeln aufgebaut sind und selbst wieder zu größeren Einheiten (Wörtern, Syntagmen, Sätzen) zusammengefügt werden. Die den Bedürfnissen der gesamtgesellschaftlichen Kommunikation am deutlichsten entsprechende Form einer (National-) Sprache wird als Hochsprache beziehungsweise Schriftsprache bezeichnet. Sprache ist auch jedes beliebige, zu Kommunikationszwecken verwendete Zeichensystem (Kunstsprachen; Gebärdensprache, Flaggensignale). Von der Sprache wird ihre Anwendung in der konkreten Kommunikationssituation, das «Sprechen» (die «Rede»), unterschieden.

formalisierte Sprache: Logik künstlich geschaffenes Zeichensystem mit fest vorgegebenen Verwendungs- und Verknüpfungsregeln für diese Zeichen, durch das logische Aspekte der Zusammenhänge in gewissen Gebieten der Realität widerspiegelt werden sollen; um diese Widerspiegelung zu leisten, muss für die betrachtete formalisierte Sprache noch eine Interpretation festgelegt werden. Siehe auch Semantik.

Sprachpflege: Bestrebungen zur Prägung, Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der sprachlichen Normen unter sprachwissenschaftlichen, kulturpolitischen und ästhetischen Gesichtspunkten; auch die Förderung einer den Kommunikationsbedingungen angemessenen Ausdrucksweise.

Sprachstil: durch variable Auswahl sprachlicher Mittel ermöglichte unterschiedliche mündliche oder schriftliche Verwendungsweise der Sprache; sie wird vor allem bestimmt durch Gegenstand und Zweck sowie den Adressaten der Äußerung innerhalb gewisser Kommunikationsbereiche (Alltags-, Amtsverkehr, Wissenschaft, Publizistik, Belletristik), wodurch sich funktionalistische Differenzierungen ergeben; innerhalb eines funktionalen Stiltyps lassen sich Gattungs- oder Genrestile unterscheiden (in der Wissenschaft zum Beispiel Lehrbuch, Rezension, Monographie), auch individuelle Eigenarten (Individualstil) und historische Besonderheiten (Zeitstil) wirken sich aus.

Sprachstörungen: totales oder teilweises Unvermögen, die normale Sprache laut oder schriftlich nach Inhalt und Form zu gebrauchen. Folgeerscheinungen sind Einschränkung der Erkenntnisfähigkeit und des Gedankenaustauschs. Ursachen der Sprachstörungen sind unter anderem Spaltbildungen, Zahnlücken und -stellungsanomalien, Entwicklungsstörungen, Hirnschäden oder Intelligenzfehler.

Sprachstruktur: formaler Bau einer (natürlichen) Sprache; schließt die sprachlichen Grundeinheiten auf allen Ebenen (Phonem, Morphem, Wortform, Syntagma unter anderem), ihre Beziehungen zueinander und Regeln zur Kombination ein. Siehe auch Phonologie, Morphologie 2, Syntax, Semantik.

Sprachtheorie: wichtigste Teildisziplin der allgemeinen Sprachwissenschaft, die verallgemeinerte Aussagen über Wesen, Funktion, Struktur, Ursprung und Entwicklung der Sprache unter Berücksichtigung ihrer verschiedenen Ebenen (vor allem Phonologie, Morphologie, Syntax und Semantik) sowie über die Faktoren und Bedingungen der Verwendung der Sprache in der gesellschaftlichen Kommunikation trifft. Siehe auch Pragmatik, linguistische.

Sprachtypologie: Lehre von der Klassifikation der Sprachen nach typologischen Merkmalen ihres Baues (im Gegensatz zur Klassifikation nach der Sprachverwandtschaft); begründet von W. von Humboldt und den Gebrüdern Schlegel; erfasste zunächst nur morphologische Merkmale, wird aber heute auch um phonologischen und syntaktischen Kriterien erweitert; arbeitet an der Erforschung sprachlicher Universalien, auch Vergleich verwandter Sprachen.

Sprachübersetzung, Übersetzung: Übertragung eines Textes in eine andere Sprache unter Bewahrung des Inhalts der Mitteilung; die prinzipielle Möglichkeit der Sprachübersetzung liegt in der erkenntnistheoretischen Annahme begründet, dass in jeder Sprache jede Aussage über die objektive Realität ausgedrückt werden kann. Die Sprachübersetzung genießt urheberrechtlichen Schutz, der unberührt vom Schutz des Originals besteht. Jede Verwendung der Sprachübersetzung bedarf der Zustimmung des Übersetzers und der des Urhebers des Originalwerkes.

Sprachvergleichung: Teilgebiet der Sprachwissenschaft, beschäftigt sich mit dem systematischen Vergleich zweier oder mehrerer Sprachen oder Sprachzustände und versucht, bestehende Gesetzmäßigkeiten aufzudecken; die synchron. Sprachvergleichung ist vor allem für Sprachunterricht und Übersetzungswissenschaft von Bedeutung, die diachron. Sprachvergleichung gibt Aufschlüsse über die Geschichte der Sprache und des betreffenden Volkes. Siehe auch historisch-vergleichende Sprachwissenschaft

Sprachverständlichkeit: Messgröße zur Beurteilung der mit technischen Mitteln übertragenen oder künstlich erzeugten Sprache. Ein Maß für die Sprachverständlichkeit ist die Silben- (Logatom), Wort- und Sprachverständlichkeit.

Sprachverwürfelung: Verfahren zur Verschlüsselung von Sprachsignalen. Das Frequenzspektrum der Sprache wird dabei in mehrere (Teil-)Frequenzbänder aufgeteilt, die nach einem Kode «verwürfen» werden.

Sprachwissenschaft, Linguistik: zu den Gesellschaftswissenschaften gehörende Wissenschaft von der Sprache im Allgemeinen und von den einzelnen Sprachen im Besonderen. Die auf einzelne Sprachen oder Sprachfamilien beschränkte Sprachwissenschaft trägt oft den Namen des entsprechenden philologischen Faches (Germanistik, Slawistik, Sinologie). Die allgemeine Sprachwissenschaft umfasst Sprachtheorie, Theorie der Semantik und Onomasiologie, Soziolinguistik, Psycholinguistik (erforscht mit der Sprache zusammenhängende psychische Prozesse) und Sprachgenealogie (klassifiziert Sprachen nach ihrer Verwandtschaft). Die angewandte Sprachwissenschaft umfasst unter anderem Sprachphysiologie (Physiologie des Sprechens und sprachlichen Hörens), Phonetik, Sprechwissenschaft, Sprachpädagogik (unterrichtliche Sprachvermittlung), Sprachpathologie (Wissenschaft von den Sprachfehlern und -Störungen) und automatische Übersetzung. Die vergleichende Sprachwissenschaft umfasst unter anderem historische-vergleichende Sprachwissenschaft, Sprachtypologie und Sprachgeographie. Diese Klassifizierung ist eine unter mehreren möglichen; die Zuordnung der Teildisziplinen der Sprachwissenschaft zu den genannten 3 Gruppen kann auch anders erfolgen.