Sierra Leone

Sierra Leone, Republik Sierra Leone-, Staat in Westafrika; grenzt im Norden und Osten an Guinea, im Süden an Liberia und im Westen an den Atlantischen Ozean. Verwaltungsmäßig in 3 Provinzen und die Westregion um die Hauptstadt gegliedert. Die Bevölkerung besteht aus etwa 20 verschiedenen ethnischen Gruppen, deren bedeutendste Mende (30%), Temne (30%), Limba (8%) und Kono (5%) sind. Amtssprache ist Englisch; Währung: Leone.

Natur: Die Oberfläche steigt von einer 100 bis 150 km breiten Küstenebene nach Osten zur Oberguineaschwelle an und erreicht in den Lomabergen (1948 m) im Nordosten ihre größte Erhebung. Es herrscht ein gleichmäßig warmes tropisches Klima (Regen- und Trockenzeit), wobei die Jahresniederschlagsmenge nach Norden abnimmt. Vorherrschend ist Savanne; im Süden ist niedriger Sekundärwald, an der Küste Mangroven, an den Flüssen (dichtes Flussnetz) Galeriewald und im östlichen Gebirgsteil tropischer Regenwald anzutreffen. Reiche Bodenschätze, besonders Eisenerz, Diamanten, Bauxit, Buntmetallerze und -metalle. Wirtschaft. Durch lange Kolonialherrschaft ist Sierra Leone ein noch schwach entwickeltes Agrarland, einseitig auf den Bergbau ausgerichtet. Die Regierung ist bemüht, den vorherrschenden Einfluss ausländischer, besonders britische Kapitalgesellschaften zurückzudrängen. Wichtigster Wirtschaftszweig ist neben dem Bergbau die Landwirtschaft (etwa 57% der Landesfläche sind Anbauland, 30% Wiesen und Weiden). Etwa zwei Drittel aller Beschäftigten sind hier tätig, von denen der überwiegende Teil noch in Verhältnissen einer Naturalwirtschaft lebt (Anbau von Reis, Hirse, Maniok, Gemüse). In ausländischen Gesellschaften gehörenden Plantagen Anbau von Kakao, Kaffee, Erdnüssen und Ölpalmen für den Export. Durch die Gründung von Genossenschaften soll das Marktaufkommen an Nahrungsmitteln (besonders Reis) erhöht werden, um den Eigenbedarf der Bevölkerung zu gewährleisten. Dafür sind auch die Viehhaltung und der Fischfang bedeutsam. Wirtschaftlich am weitesten entwickelt ist der Bergbau, zum Teil unter Beteiligung staatlichen Kapitals. Gefördert werden vor allem Diamanten im östlichen Landesteil (knapp 45 % des Exportwertes), ferner Bauxit, Rutil (weltgrößte Vorräte; in der Weltförderung nach Australien an 2. Stelle) und Gold. Die verarbeitende Industrie (zu 75% in Freetown konzentriert) steht erst am Anfang ihrer Entwicklung. Hauptverkehrsbedeutung hat der Kraftverkehr auf relativ gut ausgebautem Straßennetz; der Eisenbahnverkehr auf dem 600 km langen Schienennetz ist aus ökonomischen Gründen seit 1974 stillgelegt. Haupthafen ist Freetown; nördlich, bei Lungi, internationaler Flughafen. Etwa 90% der Ausfuhrgüter sind Diamanten, Agrargüter und Bauxit. Wichtigste Einfuhrgüter sind Lebensmittel, Konsumgüter, Industrieausrüstungen, Maschinen und Treibstoffe. Haupthandelspartner sind Großbritannien, USA, BRD, China, Niederlande und Japan.

Geschichte: Die bekannte Geschichte geht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Ab 1787 war Sierra Leone Rückwanderungskolonie für aus der Sklaverei in Amerika befreite Afrikaner. 1808 wurde das Gebiet um Freetown britische Kronkolonie. Das bis 1896 von Großbritannien eroberte Gesamtterritorium wurde zum Protektorat erklärt. 1898/99 kam es zu Aufständen, die sich besonders gegen die koloniale Steuergesetzgebung richteten. Der organisierte antikoloniale Kampf setzte Anfang der 20er Jahre ein. Die junge Arbeiterschaft schuf sich erste Gewerkschaften und trat mit Streiks in Erscheinung (1919,1926). Zu umfassenden Bauernbewegungen kam es 1955/56. Führende politische Organisation war die 1951 gegründete Volkspartei Sierra Leones (englisch Abkürzung SLPP) unter Milton Margai. Antiimperialistische Positionen vertrat der 1960 gebildete Allgemeine Volkskongress (englisch Abkürzung APC) unter Leitung von Siaka Stevens. Am 27.4.1961 erreichte Sierra Leone die staatliche Selbständigkeit; erster Ministerpräsident wurde M. Margai. Nach Auseinandersetzungen unterschiedlicher politischer Gruppierungen innerhalb der zwischenzeitlich regierenden Militärs übernahm Stevens an der Spitze des aus den Wahlen 1967 erfolgreich hervorgegangenen APC am 26.4.1968 die Regierungsgewalt. Am 19.4.1971 wurde Sierra Leone Republik und Stevens deren Präsident. Der IV. APC-Kongress 1974 beschloss ein neues Parteistatut und ein Programm der nationalen Selbsthilfe. Nach der durch Referendum 1978 angenommenen Verfassung wurde Sierra Leone ein Einparteienstaat. Trotz bestimmter Ergebnisse in der wirtschaftlichen Entwicklung verschlechterte sich Anfang der 80er Jahre die Lage spürbar, verschärften sich die sozialen Widersprüche. Auf Grund der schlechten Versorgungslage kam es mehrfach zu Streiks und Unruhen. Die Regierung verhängte den Ausnahmezustand. Bei den Wahlen 1982 erhielt der APC sämtliche zur Wahl stehenden Mandate (weitere 12 stehen Stammeshäuptlingen und 7 den vom Präsidenten direkt ernannten Abgeordneten zur Verfügung). Der IX. APC-Kongress 1985 wählte Generalmajor Joseph Saidu Momoh zum Generalsekretär des APC. Damit wurde er laut Verfassung einziger Kandidat der Präsidentschaftswahl und im November 1985 gewählt. Das Land vertritt außenpolitisch eine Politik der Nichtpaktgebundenheit, die gegen imperialistischen Hochrüstungs- und Konfrontationskurs, gegen Neokolonialismus, Rassismus und Apartheid gerichtet ist.