Schweden

Schweden, Königreich Schweden: Staat im Norden Europas, auf der Ostseite der Skandinavischen Halbinsel, grenzt im Westen an Norwegen, im Nordosten an Finnland, im Osten an den Bottnischen Meerbusen und die eigentliche Ostsee, im Südwesten an das Kattegat und ist durch den schmalen Sund von Dänemark (Seeland) getrennt. Schweden ist in 24 Provinzen und die selbständigen Verwaltungseinheiten Stockholm, Göteborg und Malmö gegliedert. Währung ist die Schwed. Krone. Bevölkerung. Etwa 95 % der Einwohner sind Schweden, außerdem Finnen und Dänen; im Norden leben etwa 15000 Lappen (Samen). Amtssprache ist Schwedisch. In der südlichen Landeshälfte sind etwa 85 % der Einwohner konzentriert. 83 % der Bevölkerung wohnen in städtlichen Siedlungen.

Natur: Oberfläche. Schweden liegt weitgehend auf dem aus dem Erdaltertum stammenden fennoskandischen Schild, der aus Gneisen, Graniten, Schiefern, Kalken und anderen Gesteinen aufgebaut ist und stufenförmig zum Bottnischen Meerbusen abfällt. Zu Fennoscandia gehören auch die Mittelschwedische Senke (Seenplatte) und das Südschwedische Bergland. An der Westgrenze und im Norden hat Schweden Anteil am kaledonisch gefalteten Skandinavischen Gebirge (Skanden), das neben alpinen Formen (im Kebnekaise bis 2123 m) öde, baumlose Hochflächen (Fjälle) aufweist. Die flachwellige Landschaft Schonen im äußersten Süden ist aus mesozoischen Gesteinen aufgebaut und an der Oberfläche durch glaziale Ablagerungsformen geprägt (Grund- und Endmoränen, Sander, Oser, Karnes und Seen). Eine anhaltende Landhebung (im N 1 cm/Jahr) hat seit dem Ende der letzten Eiszeit die Uferlinie bis zu 300 m aufsteigen lassen, wodurch zahlreiche Inseln heraustraten. Die Küste ist zum Teil Schärenküste, die größten Inseln sind Gotland und Öland. Das Klima reicht vom maritim geprägten gemäßigten im Süden bis zum kontinentalen im N. Die Julitemperaturen liegen zwischen +17 °C im Süden und +14 °C im Norden, die Januartemperaturen zwischen -1 °C im Süden und -14 °C im N. Der Jahresniederschlag ist reliefbeeinflusst; am höchsten ist er in den Beigen Norrbottens (1600 mm), am niedrigsten im Norden (380 mm) und im Südosten (470 mm). Schnee liegt im Norden etwa 7 Monate, im Süden bis zu etwa 40 Tagen (zwischen Dezember und März). Der Bottnische Meerbusen vereist bis zu 5 Monate. In den Gebieten nördlich des Polarkreises scheint im Juni/Juli die Mitternachtssonne. Gewässer. Die Flüsse haben meist eine unausgeglichene Wasserführung; sie sind reich an Stromschnellen, Wasserfällen und Seen. Längster Fluss ist der Klarälven mit Göta Älv. Bedeutendste Seen sind die durch Kanäle verbundenen mittelschwedischen Seen. Pflanzen- und Tierwelt. Über die Hälfte Schwedens ist mit Wald bedeckt, der von der Waldtundra des Nordens über borealen Nadelwald (Fichte, Kiefer) bis zur Buchenwaldzone im Süden reicht. Charakteristische Tierarten sind Elch, Ren, Lemming und Schneehuhn.

Kunst: Bis zur Christianisierung wurde die schwedische Kunst besonders von der Wikingerkunst beeinflusst. Das im 10./11. Jahrhundert vordringende Christentum vollzog den Anschluss an die Kunst des Mittelalters und vermittelte die Kenntnis des Steinbaus in der Architektur, neben den bedeutenden, von fremdem Stil abhängigen Kirchen (Dom zu Lund, 12. Jahrhundert, heute Dänisch; Zisterzienserabtei Alvastra, 12. Jahrhundert; Dom zu Uppsala, 13./15. Jahrhundert; Dom zu Linköping, 14./15. Jahrhundert) entwickelten sich nationale Sonderformen in den Rund- und Granitkirchen. So sind Festigkeit und Geschlossenheit des Baukörpers, zurückhaltende Gliederung und geringe Höhenerstreckung charakteristisch für die Gotik in Schweden Nach der Reformation stand der Profanbau im Vordergrund. Mit den Schlössern Gripsholm (1537/44), Vadstena und Kalmar (2. Hälfte 16. Jahrhundert) wurde der Anschluss an die Renaissance besonders deutsch-niederländische Prägung vollzogen. Die im 17. Jahrhundert erfolgreich geführten Kriege begründeten Macht und Reichtum des schwedischen Adels, der mit vielen bedeutenden Bauunternehmungen hervortrat, besonders im Stil des Palladianischen Klassizismus. Den Anschluss an den italienischen Barock vollzog besonders N. Tessin der Jüngere, wobei, dem nationalen Formgefühl entsprechend, der kubische geschlossene Bau mit zurückhaltendem Dekor bevorzugt wurde (Hauptwerk; Königsschloss in Stockholm, nach Brand 1697 Neubau bis 1740). Weitere Bauten dieser Zeit waren Schloss Drottningholm sowie Festungsbauten. Nach historisierenden Stilen im 19. Jahrhundert entwickelte sich im 20. Jahrhundert eine moderne, sachliche und zweckbestimmte Architektur. Bedeutende Architekten der Gegenwart sind E. G. Asplund, Schweden Markelins und O. Almqvist. Für die Plastik des 11./12. Jahrhundert ist das Nebeneinander altnordische Tierornamentik und christliche Symbolik typisch. Seit Ende des 14. Jahrhundert wurde das nationale Schaffen meist durch nord-deutsche und besonders im 16./17. Jahrhundert durch niederländische Importe (besonders Schnitzaltäre) ersetzt. Erst der klassizistische Bildhauer J. T. Sergel hatte europäischen Rang. C. Eriksson und C. Milles bereicherten durch monumentale Werke die schwedische Plastik nach 1900. Die Plastik der Gegenwart ist teils abstrakt, teils gegenstandsgebunden. Malerei. Zahlreiche mittelalterliche Wandmalereien zeigen die Abhängigkeit von Kunstzentren Mitteleuropas. Auch später lag die Malerei in den Händen ausländischer Künstler. Aus der Schule des D. Klöcker von Ehrenstrahl entwickelte sich die schwedische Schule des 18. Jahrhundert. Die Maler des 19. Jahrhundert bildeten sich häufig im Ausland (Düsseldorf, Paris), wo sie vorwiegend auch blieben. Erst als am Ende des Jahrhunderts die Forderung nach einer nationalen Kunstentwicklung erhoben wurde, arbeiteten sie wieder in der Heimat. Hauptmeister um 1900 war der Realist A Zorn. In Malerei und Graphik der Gegenwart werden 2 Richtungen deutlich: ausgehend von der französischen Matisse-Schule entwickeln sich abstrakte Tendenzen; daneben arbeitet eine beachtliche Zahl von Künstlern gegenstandsgebunden. Wichtige Maler sozialer Thematik sind E. Hallström, Schweden Erixson, A. Amelin und B. Lundquist. Die ununterbrochene Tradition einer reichen Volkskunst bestimmt das Gesicht des qualitätvollen Kunsthandwerks (besonders Holz-, Glas-, Goldschmiede- und Textilkunst).

Literatur: Die schwedische Literatur hat ihren Ursprung in der altnordischen Literatur. Literaturdenkmäler des Mittelalters sind die Landschaftsgesetze und Königschroniken sowie die Visionen («Offenbarungen») der Heiligen Birgitta. Die mündlich überlieferte Volksdichtung des Mittelalters wurde seit Beginn des 19. Jahrhundert aufgezeichnet. Wichtigstes Werk der Reformationszeit ist die Bibelübersetzung (1541). Die schwedische Großmachtzeit im 17. Jahrhundert bildet den Hintergrund für die Werke von G. Stiernhielm, dem «Vater der schwedischen Dichtkunst». Die Ideen der Aufklärung wurden von O. von Dalin, J. H. Kellgren unter anderem vertreten. C. M. Bellman, der große Lyriker des 18. Jahrhundert, besang in heiteren Liedern das Leben des Volkes. Unter dem Einfluss der Französischen Revolution standen die gesellschaftskritischer Lyriker T. Thorild und B. Lidner. Um die Jahrhundertwende leiteten F. M. Franzta und J. 0. Wallin mit idyllischer Lyrik die Romantik ein. Der Aurora Bund vermittelte Literatur der deutschen Romantik (Brüder Schlegel, Novalis, J. L. Tieck). Im Gotischen Bund sammelte sich unter E. G. Geyer eine betont national orientierte Gruppe, aus der auch E. Tegner hervorging. Die Zeitschrift «Phosphorus» war das Kampfblatt einer fortschrittlichen Gruppe, zu der der Märchendichter P. D. A Atterbom gehörte. C. J. L. Almqvist, zunächst Romantiker, leitete mit gesellschaftskritischen Erzählungen zum Realismus über. A. Strindberg schuf mit dem Roman «Das rote Zimmer» (1879) die erste bedeutende Leistung des kritischen Realismus in Schweden. Strindbergs kritische Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Gesellschaft wirkte bahnbrechend auf die Entwicklung der schwedischen Nationalliteratur. Naturalismus und Neuromantik lösten in Schweden den kritischen Realismus sehr bald ab. Schweden Lagerlöf ist die bedeutendste Vertreterin der Neuromantik, zu der auch G. Fröding und E. A. Karlfeldt gehören. Gesellschaftskritische Züge finden sich unter anderem in der Dichtung von H. Söderberg, Schweden Siwertz und besonders von H. Bergman. Unter dem Eindruck des 1. Weltkriegs und der Großen sozialistische Oktoberrevolution erhielt die Arbeiterklasse in der schwedischen Literatur einen bedeutenden Platz. Nach vielen Vorläufern, vor allem Lyrikern, wirkten die Epiker G. Hedenvind-Eriksson und M. Koch bahnbrechend für die Gestaltung der Probleme des Proletariats. Einen neuen Höhepunkt kritisch-realistische Gestaltung von Gegenwartsproblemen erreichten unter anderem I. Lo-Johansson und J. Friedegard, die das Landproletariat schilderten, M. Martinson, die den Lebensweg von Proletarierinnen gestaltete, V. Moberg, der über die kapitalistische Entwicklung in der Landwirtschaft schrieb. E. Johnson schilderte das Leben in Nordschweden. Gleichzeitig setzten J. Edfeldt, G. Ekelöf, P. Lagerkvist unter anderem verschiedene Richtungen des Modernismus fort. Widerspruchsvolle weltanschauliche und ästhetische Positionen prägten das Werk der Gruppe «Fünf Junge», unter anderem H. Martinson und A. Lundkvist, die sich gegen bürgerliche Konventionen wandten. Der 2. Weltkrieg führte zu einem festeren Zusammenschluss der humanistisch gesinnten Kräfte. J. Kjellgren gelangte in der Auseinandersetzung mit Faschismus und Krieg zu Positionen des sozialistischen Realismus. P. Lagerkvist, V. Moberg, E. Johnson unter anderem riefen zur Verteidigung der Menschlichkeit auf. Weltbekannt wurde die Kinderbuchautorin A. Lindgren. Nach Kriegsende wurden unter dem Einfluss von Existentialismus und Psychoanalyse realistische Positionen zunächst zugunsten einer pessimistischen Weitsicht und modernistischen Formexperimente aufgegeben. insbesondere die Lyrik E. Lindegrens und K. Vennbergs spiegelt die Ohnmacht des Individuums in einer spannungsgeladenen Welt. Mit Beginn der 60er Jahre deutet sich eine erneute Hinwendung zur realistischen Wirklichkeitsgestaltung an. V. Moberg, A. Wassing, P. A. Fogelström, Schweden Fagerberg unter anderem versuchen in gesellschaftskritischen Romanen, A. Lundkvist, P. Wästberg unter anderem in der Reportage realistischer Positionen wiederzugewinnen. Mit den Gegenwartsromanen Schweden Lidmans, der Dokumentarliteratur von G. Palm unter anderem sowie mit dem Wirken freier Theatergruppen gelangt die Gestaltung des Proletariats und seines politischen und sozialen Kampfes erneut in den Mittelpunkt. Werke von Schweden Lidman, Schweden Delblanc, L. Gustafsson, K. Ekman unter anderem bieten gegen Ende der 70er Jahre einen bedeutenden Gewinn an realistische Substanz und historische Spannweite; sie entwickeln zugleich die bei der Gestaltung entscheidender gesellschaftlichen Probleme im Dokumentarischen gewonnenen Erfahrungen weiter.

Musik: Über Musik und Musikausübung in ältester Zeit ist wenig bekannt, nur Felszeichnungen und archäologische Instrumentenfunde (Luren) zeugen davon. Im 11. Jahrhundert gelangte die liturgische Musik der katholischen Kirche nach Schweden und bestimmte bis zur Reformation und Herausbildung des Chorals nach lutherischem Vorbild die Kirchenmusik, ohne dass schwedische Musiker sie wesentlich geprägt haben. Auch das höfliche Musikleben wurde bis ins 18. Jahrhundert größtenteils von ausländischen Musikern bestimmt, obwohl seit 1526 eine Hofkapelle, seit 1565 eine Hofkantorei erwähnt sind und seit 1650 höfliche Opernaufführungen stattfanden. Selbst unter König Gustav III., einem Förderer der schwedischen Musikentwicklung, wurde das Musikleben hauptsächlich von Ausländern (J. G. Naumann, Abbe Vogler, J. M. Kraus) getragen. Als «Vater der schwedischen Musik» gilt J. H. Roman, der in der 1. Hälfte des 18. Jahrhundert als Hofkapellmeister auch ein bürgerliches Musikleben förderte. In dieser Zeit wurden in Stockholm die Musikakademie und das Konservatorium (beide 1771) sowie die königlichen Oper (1773) gegründet und 1789 die erste Musikzeitschrift herausgegeben. Die volkstümlichen, meist satirische Lieder des Dichtersängers C. M. Bellmann, der ebenfalls in diesen Jahrzehnten lebte, sind bis in die Gegenwart populär geblieben. Im 19. Jahrhundert wurde eine Reihe von Komponisten als «Leipziger Schule» bekannt, weil sie zur Zeit R. Schumanns und F. Mendelssohn Bartholdys das Leipziger Konservatorium absolviert hatten und nach diesen Vorbildern zu wirken suchten (L. Norman, V. Svedbom, A. Hallen, E. Sjögren unter anderem). Die seit Beginn des Jahrhunderts gesammelte Volksmusik hatte für sie nur geringe Bedeutung. Herausragende Komponistenpersönlichkeit des 19. Jahrhundert ist der im internationalen Musikleben zu Unrecht vernachlässigte F. A. Berwald. Ende des 19. und im 20. Jahrhundert wurden einige schwedische Musiker international bekannt, unter anderem der Violinist T. Aulin, der Dirigent und Komponist H. Alfven, der Klarinettist B. Crusell, die Sängerin J. Lind. Im 20. Jahrhundert nahm das schwedische Musikleben erneut einen Aufschwung, und eine Reihe von Komponisten wurde international wirksam; zur älteren Generation gehörten dabei T. Rangström, K. Atterberg, L. E. Larsson, K-B. Blomdahl unter anderem; in der Gegenwart wirken E. Bäck, I. Lidholm, L. J. Werie, B. Nilsson, B. Hambraeus, A. Mellnäs, G. Bucht, A. Patterson, H. Rosenberg unter anderem

Schwedisch: zur östlichen Gruppe der nordischen Sprachen zählende Sprache; kennzeichnend sind unter anderem der musikalische Akzent, die starke Vereinheitlichung der Flexionsendungen und die Aufnahme niederdeutscher Lehnwörter.

Schwedische Akademie: 1786 nach französischem Vorbild in Stockholm gegründete Körperschaft von 18 Schriftsteilem und anderen Kulturschaffenden zur Förderung der schwedischen Sprache und Literatur, auch «Die Achtzehn» genannt; verleiht seit 1901 den Nobelpreis für Literatur.