Romantik

Romantik: um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert in Europa sich formierende geistige Bewegung, die eine Reaktion auf die Konstituierung und Festigung der bürgerlichen Gesellschaft im Ergebnis der Französischen Revolution darstellt. Kunst und Literatur der Romantik spiegeln den Umbruch der gesellschaftlichen Verhältnisse und die sich vertiefenden Widersprüche zwischen Individuum und Gesellschaft, Ideal und Wirklichkeit, Kunst und Leben wider. Märchenhaftes und Phantastisches sind häufig Ausdruck für die Enttäuschung des künstlerischen Subjekts. Infolge zum Teil sehr unterschiedlicher gesellschaftlicher und weltanschauliche Ausgangspunkte war die Romantik national stark differenziert.

In der Literatur entfaltete sich die Romantik als ideologischer und ästhetischer Auseinandersetzung mit dem Epochenwechsel in sich widersprüchlich-nationalen Strömungen. Bemüht um Positionsbestimmung in den intensiv empfundenen gesellschaftlichen Umbruchsprozessen und enttäuscht über die Ergebnisse der Französischen Revolution, fanden die Romantiker, teilweise auch Reaktionärem nicht verschlossen, allerdings noch nicht zu beständigem Engagement in den aktuellen Klassenauseinandersetzungen; besonders in West- und Mitteleuropa, vor allem in Deutschland (deutsche Literatur), Frankreich und Großbritannien, wurden sie aber mit ihrer dem Gefühl, der Imagination und der Individualität geöffneten Literatur zu ersten Kritikern der bürgerlichen Gesellschaft und fortschreitenden kapitalistischen Entwicklung («Weltschmerz»-Dichtung, Empfindung einer Isoliertheit und inneren Gespaltenheit des Individuums). Ideologische Grundlage, besonders für die westeuropäischen Romantik bildeten Ideen des zeitgenössischen philosophischen Idealismus (I. Kant, J. G. Fichte, F. W. J. Schelling), des Sensualismus, der Mystik und idealistische Richtungen der antiken Philosophie (Platon), in den USA der sogenannt Transzendentalismus. Charakteristisch für die romantische antikapitalistische Haltung, verband sich die Suche nach humanen Lebens- und Arbeitsvorstellungen mit der Suche nach dem Wesen von Kunst und ihrer Rolle in der Menschheitsgeschichte. Die Hinwendung zu Geschichte (besonders Idealisierung des Mittelalters) und Volksdichtung (Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Norwegen, Portugal, Schweden) führte vielfach zur Wiederbelebung nationaler und volkstümliche Traditionen und förderte den Prozess nationaler Selbstbesinnung im Kampf gegen absolutistische Selbstherrschaft (Deutschland, Norwegen, Russland, Spanien) sowie für eine nationale Wiedergeburt (Bulgarien, Italien, Rumänien, Polen, Slowakei, Ungarn). Bedeutung für die romantische Literaturbewegung erlangten die Neuerungen in den ästhetischen Theorien und Konzeptionen (progressive Universalpoesie) sowie die Wandlungen in den literarischen Gestaltungsmethoden und im Genresystem (Dominanz des Epischen, Vorliebe für das Fragment; von romantischer Ironie, magischer Idealismus und Mystizismus geprägte Verfremdungsmethode); bis zur Mystifizierung gesteigertes Naturempfinden, Geschichtsbewusstsein und psychologisch vertiefte Figurengestaltung wurden charakteristische Merkmale romantischer Literatur, ebenso die Betonung des Unheimlichen und Dämonischen als symbolisierter Ausdruck für die Undurchschaubarkeit einer bedrohlich empfundenen gesellschaftlichen Wirklichkeit, deutlich besonders im sogenannt Schauerroman (englisch gothic novel) in Großbritannien und den USA.

In der bildenden Kunst wird von der Romantik ein alle Formen künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten umfassender Stil nicht ausgebildet. Die Romantik ist eine weltanschauliche Haltung beziehungsweise Methode, die sich am klarsten in der Malerei zeigt. In der Plastik bedient sie sich klassizistischen Formen; in der Architektur widerspiegelt sich die Romantik besonders in der von England ausgehenden Neugotik. Die schöpferischste Periode der Romantik fällt in die Zeit zwischen 1800 und 1815. Neben der Wiederentdeckung nationaler, historischer und religiöser Themen wurde versucht, die Monumentalkunst zu erneuern (Nazarener) und das Gesamtkunstwerk wiederzubeleben. Die romantische Landschaftsmalerei schloss an Traditionen der holländischen Malerei des 17. Jahrhundert an. Seit Ende des 18. Jahrhundert wuchs die Vorliebe für Rittertum und Gotik. Im ökonomisch fortgeschrittenen England war der Landschaftsgarten Ausdruck eines neuen Lebensgefühls; er verbreitete sich ebenso wie die Neugotik über ganz Europa. In Deutschland brachte das neue Nationalbewusstsein die Wiederentdeckung der eigenen historischen Baustile. Ähnlich wie in Frankreich begann nun eine neuzeitliche Denkmalpflege (unter anderem Vollendung des Kölner Domes). Als eine der Hauptleistungen der Romantik gilt die Neubelebung der graphischen Techniken, die das Aufblühen der Buchillustration förderten. Unterschiedlich äußerte sich die Romantik in der Malerei. Dresden wurde zum Mittelpunkt, der romantischen Landschaftsmalerei (C. D. Friedrich). In München und Berlin bildete sich frühzeitig eine realistische malerische Auffassung heraus (C. Blechen). Speziell süddeutsch ist die heitere, erzählende Bildkunst von M. von Schwind und C. Spitzweg. In Düsseldorf dominierte ein historisierender, oft sentimentaler spätromantischer Stil, während sich in Hamburg eine bürgerliche Figuralkunst entfaltete.

In der Musik prägten sich romantische Züge etwas später und weniger fassbar aus als in der Literatur und bildenden Kunst, so dass die Verwendung des Begriffs Romantik in der Musik umstritten ist. Seit 1805 finden wir Vertonungen romantischer Stoffe in der Oper sowie auf dem Gebiete des Liedes, wobei besonders die «dämonischen» Seiten der Natur, Themen einer mit der Wirklichkeit konfrontierten Geisterwelt musikalisch gestaltet werden, aber auch echtes Naturempfinden und volksliedhafte Töne durchbrechen. Typische Beispiele der romantischen Oper sind E. T. A. Hoffmanns «Undine» (1813/14), vor allem C. M. von Webers «Freischütz» (1821), während später die Opern H. Marschners, «Der Vampyr», «Hans Heiling» unter anderem, ihre widerspruchsvolle Thematik schon ad absurdum führen. besonders ungünstig erscheint eine Ausdehnung der Bezeichnung Romantik auf die Zeit nach 1830, da die Ideen, die in die Revolutionen von 1848/49 einmündeten, bestimmend wurden. Das gilt insbesondere auch, trotz mancher «romantischer» Züge, für die Musik H. Berlioz, F. Chopins, F. Mendelssohn Bartholdys, R Schumanns und R Wagners (auch wenn dieser einige seiner Werke als «Romantische Oper» bezeichnete).

Romantisch: die Romantik betreffend; wunderbar, abenteuerlich, romanhaft; gefühlsbetont, schwärmerisch, etwas unrealistisch.

Romantische Schule: mittelalterliche, feudale Zustände idealisierende Richtung der Vulgärökonomie im ersten Drittel des 19. Jahrhundert, besonders in Deutschland; Hauptvertreter Adam Müller (1779-1829).

Romanze: 1. Literatur der Ballade durch die Vereinigung epischer, lyrischer und dramatischer Gattungselemente verwandte Form des Volksliedes, in der, zumeist heiter und mit glücklicher Lösung der Konflikte, Heldentaten oder Ereignisse besungen werden. Die Romanze kam im 14./15. Jahrhundert in Spanien auf. Auffällig ist ihre eigenartige, aus trochäischen Vierzeilern bestehende Strophe. Durch Übersetzungen führte J. W. L. Gleim die Romanze in die deutsche Literatur ein. Erfolgreich wurde die Romanzendichtung in J. G. Herders «Der Cid» (1805), parodistisch in H. Heines «Atta Troll» (1843) aufgenommen.

2. Musik: a) im 18./19. Jahrhundert vor allem in Frankreich verbreitetes Gesangs- oder Instrumentalstück in liedhafter Form;

b) seit dem 18. Jahrhundert auch frei geformtes instrumentales Charakterstück.