Roman

Roman: epische Prosagroßform, in der die Gestaltung ausgeprägter Individuen in den vielfältigen Beziehungen zu ihrer gesellschaftlichen Umwelt eine umfassende künstlerische Aussage ermöglicht; ist heute eines der verbreitetsten und populärsten literarischen Genres, durch einen großen Reichtum an Varianten bezeichnet und in steter struktureller Entwicklung begriffen. Der neuzeitliche Roman, der sich vom mittelalterlichen Epos herleitet, besitzt im Gegensatz zu dessen typisierenden Tendenzen ein hohes Maß an Individualisierung der Fabel und der dargestellten Charaktere. Dieser historisch begründete Zug des Romans verstärkte sich in der Aufstiegsperiode des Bürgertums immer mehr. Mit der weiteren Ausbildung der realistischen Schaffensmethode wurden vorgestellte Lebensläufe so veranschaulicht, dass der Leser tiefen Einblick in die Ursachen menschlichen Geschicks gewann. Während sich der Roman in seinen kürzeren Formen der Erzählung nähert, erinnert er mit besonders umfangreichen Darstellungen an das alte Epos (z. B. «Krieg und Frieden» von L. Tolstoi). Näher bezeichnet werden kann das Genre des Roman unter anderem nach der Erzählform (vielfältige Varianten der Ich- und Er Form), der spezifischen Gestaltungsweise (unter anderem Brief-, Dialog-, chronologische, Rückblendenroman), stofflich-thematisch (zum Beispiel Abenteuerroman, Räuberroman, Schelmenroman, Künstlerroman, Liebesroman, Kriminalroman), zeitlich-thematisch (historische, zeitgeschichtliche, wissenschaftlich-phantastische Roman), nach der beabsichtigten Wirkung (unter anderem Bildungsroman, Erziehungsroman, Tatsachenroman), der emotionellen Prägung (unter anderem empfindsamer, humoristischer, satirischer Roman), der fabelbestimmenden Struktur (unter anderem Gesellschaftsroman, Entwicklungsroman, Ereignisroman). In der chinesischen, japanischen, persisch, arabisch und anderer Literatur entwickelte sich der Roman bereits im Altertum. Der Roman der Neuzeit, bedeutendste literarische Schöpfung des Frühbürgertums, begann mit der Prosaauflösung mittelalterlichen Epen im späten Mittelalter und in der Renaissance, die mit Zurückdrängung der dem alten Epos eigenen idealistisch-metaphysischen Züge und zunehmendem Realismus verbunden war. Zur Entwicklung des modernen Roman trugen unter anderem der spanische Schelmenroman sowie M. de Cervantes Saavedra, F. Rabelais, Stendhal, H. de Balzac, V. Hugo, E. Zola, D. Defoe, S. Richardson, H. Fielding, W. Thackeray, C. Dickens, F. Dostojewski, L. Tolstoi bei. J. Wickram begründete den originären Prosaroman in der deutschen Literatur; H. J. C. von Grimmelshausens Roman «Simplicius Simplicissimus» (1669) stellt ein literarisches Meisterwerk der deutschen Literatur des 17. Jahrhundert dar. Bereichert wurde das deutsche und internationale Romanerbe durch J. W. Goethe («Die Leiden des jungen Werthers», 1774; «Wilhelm Meisters Lehrjahre», 1795/96), aber auch durch C. M. Wieland, Jean Paul, E. T. A. Hoffmann. Wegbereiter des historischen Roman (nach dem Vorbild W. Scotts) ist W. Alexis. Bekannte Vertreter des kritischen Realismus im Roman des 19. Jahrhundert sind G. Keller, W. Raabe, T. Fontane. Im 20. Jahrhundert gab es eine Fülle von Leistungen im bürgerlich-humanistischen Roman (T. und H. Mann, L. Feuchtwanger, A. Zweig, J. Roth, A Döblin, Roman Musil, Roman Huch, L. Frank). Nach 1945 gewannen in der BRD Autoren wie H. Böll, A. Andersch, W. Koeppen und G. Grass weite Verbreitung ihrer Romane. Mit G. Weerth, Roman Schweichei unter anderem begann im 19. Jahrhundert die sozialistische deutsche Romanliteratur. Seit M. Gorkis Roman «Die Mutter» (1906/07) setzte sich der sozialistisch-realistischen Roman weltliterarisch durch. Über die proletarisch-revolutionäre Literatur entwickelte sich (zunächst im Exil) die deutsche sozialistisch-realistische Romanliteratur. Autoren der älteren Generation (zum Beispiel J. Roman Becher, A. Seghers, W. Bredel, B. Uhse, E. Claudius, L. Renn, A. Zweig) schufen ebenso bedeutende Roman wie nachfolgende Autoren (zum Beispiel J. Bobrowski, D. Noll, M. W. Schulz, E. Strittmatter, G. Görlich, C. Wolf, G. de Bruyn, H. Kant, E. Neutsch).

Roman de la Rose, Rosenromanische altfranzösische allegorisch-satirische Versdichtung; begonnen 1225/30 von Guillaume de Lorris, vollendet 1275/80 von Jean de Meung, dessen Teil durch die philosophische Bezugnahme zum Averroismus ein bemerkenswertes Beispiel frühbürgerlicher Literatur ist.

Roman de Renart, Fuchsromanischer altfranzösischer Tierepos, eine um 1150 entstandene Sammlung von 27 Tierfabeln, in deren Mittelpunkt der Fuchs (Renart) als Inbegriff schlauer und listiger Selbstbehauptung gegen die Feudalmächte steht; gibt ein lebendiges kritisches Bild der menschlichen Wirklichkeit des Mittelalters.