Prag

Prag, tschechisch Praha-, Hauptstadt der CSSR, der tSR und Verwaltungszentrum des Mittelböhmischen Bezirkes, inmitten des Böhm. Beckens in einem weiträumigen Talkessel beiderseits der Vltava; als Verwaltungseinheit Hauptstadt Prag 1,19 Millionen Einwohner; wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der CSSR Prag bildet die größte Bevölkerungs- und Industrieballung des Landes und erzeugt über 10 % der nationalen Industrieproduktion; führende Zweige sind der Maschinen- (besonders Schwer- und Werkzeugmaschinen) und Fahrzeugbau (unter anderem Autos, Lokomotiven, Straßenbahnen), ferner elektrotechnische/elektronische, feinmechanische, chemische, pharmazeutische, polygraphische, Textil-, Leicht-, Lebensmittelindustrie; wichtigster Verkehrsknoten, U-Bahn (seit 1974), internationaler Flughafen Ruzyne, Beginn der Vltava-Schifffahrt; neben der berühmten Karls-Universität 2 Akademien (Wissenschaft, Kunst), zahlreiche Hoch- und Fachschulen, wissenschaftliche Institute, Bibliotheken, 22 ständige Theater, 2 Opernhäuser, Kulturpalast, 19 Museen sowie Philharmonie und Konservatorium; alljährlich im Mai internationales Musikfestival «P.er Frühling». Filmateliers (Barrandov), Rundfunk- und Fernsehzentrum, botanischer und zoologischer Garten; in den Randgebieten neue Wohn- und Industriegebiete, besonders im Norden und Süden der Stadt. Prag ist reich an kirchlichen und weltliche Bauten seit dem frühen Mittelalter; über der mittelalterlichen und barocken Kleinseite links des Flusses der Burgbezirk (Hradschin) mit Burg (mehrere Bebauungen seit dem 9. Jahrhundert), gotischer Veitsdom (begonnen 14. Jahrhundert, Bauunterbrechung Anfang 15. Jahrhundert, beendet 19./20. Jahrhundert), barocker Loretokirche, Stift Strahov unter anderem; rechts des Flusses die Altstadt: gotische Karlsbrücke mit romanischem und gotischem Brückenturm und barocken Skulpturen (ab 14. Jahrhundert), gotisches Altstädter Rathaus (1410), zahlreiche gotische (Teynkirche) und barocke Kirchen (Nikolauskirche, Anfang 18. Jahrhundert), mittelalterliche und barocke Paläste (Clam-Gallas-Palais am Altmarkt, Anfang 18. Jahrhundert). 1348 kam als Neugründung die sogenannte Neustadt hinzu, die mit ihren großen Plätzen (Wenzelsplatz, Karlsplatz) und Bauten aus der Zeit vom 14. bis 19. Jahrhundert berühmt wurde; im 19./20. Jahrhundert entstanden zahlreiche neuere Stadtteile. Unter den Burgen Vysehrad und Hradschin entwickelte sich frühzeitig ein Marktort, in dem sich Handwerker und Kaufleute niederließen. 973 wurde Prag Bistum, 1344 Erzbistum. Aus der Handwerker- und Kaufleutesiedlung entstand 1220 die Altstadt Prag, 1257 die Kleinseite. Während der Blütezeit Prags im 14. Jahrhundert (Sitz Kaiser Karls IV.) 1348 Gründung der Neustadt und der Universität. Anfang des 15. Jahrhundert Wirkungsort von J. Hus und nach 1419 eines der Zentren der hussitischen Bewegung. Der 2. Prager Fenstersturz 1618 war der Anlass für den Dreißigjährigen Krieg. In der Schlacht am Weißen Berge vor den Toren der Stadt unterlagen 1620 die böhmischen Protestanten dem kaiserlichen Heer. Der rasche industrielle Aufschwung in der 2. Hälfte des 19. Jahrhundert führte in Prag zu einer hohen Konzentration der Arbeiterklasse (1878 Gründung der Tschecho-slawischen Sozialdemokratische Arbeiterpartei im Vorort Brevnov). 1912 schloss die VI. Gesamtrussische Parteikonferenz der SDAPR in Prag die Menschewiki aus der Partei aus. 1918/39 war Prag Hauptstadt der bürgerlichen CSR und 1921 Gründungsort der KP der Tschechoslowakei. Der Maiaufstand und die Befreiung durch die Rote Armee am 9. 5. 1945 beendeten die faschistische Besetzung. Im Februar 1948 scheiterte in Prag der konterrevolutionäre Putschversuch.

Prager Manifest: Dokument des Emigrationsvorstandes der SPD in Prag, veröffentlicht 1934. Das vor allem von R. Hilferding verfasste Prager Manifest setzte sich mit einigen Fehlern der Sozialdemokratischen Politik in der Weimarer Republik auseinander und rief zum gemeinsamen Kampf aller Hitlergegner gegen den Faschismus auf. Die meisten rechten Führer sagten sich bald von ihm los, nur wenige Linke verstanden es als Richtschnur im Kampf um die Einheits- und Volksfront.

Prager Typus: Bezeichnung frühslawische Keramik (7./6. Jahrhundert vor Christus); meist unverzierte handgeformte Töpfe; benannt nach dem ersten Fundort.