Positivismus

Positivismus: im weiteren Sinne bürgerliche Denkhaltung, die sich bei der Beschreibung und Analyse der Erscheinungen in Natur und Gesellschaft allein auf Fakten beschränkt und jegliche philosophisch-theoretische Wesenserkenntnis und Verallgemeinerung als «metaphysikverdächtig» ablehnt, im engeren Sinne bürgerliche philosophische, soziologische und wissenschaftstheoretische Richtung, die sich im 19. Jahrhundert herausgebildet hat (A. Comte) und durch J. S .Mill und H. Spencer sowie den deutschen Empiriokritizismus weiterentwickelt wurde. Im 20. Jahrhundert schufen M. Schlick und der Wiener Kreis (O. Neurath, H. Feigl, R. Carnap unter anderem) den logischen Positivismus (auch Neupositivismus oder Neopositivismus genannt). Auf dessen Entwicklung nahmen L. Wittgenstein und B. Russell entscheidenden Einfluss. Der Positivismus tritt mit dem Anspruch auf, gegen alle philosophische Spekulation und Weltanschauungsmetaphysik eine wissenschaftliche Weltauffassung zu begründen. Er verneint aber jede Möglichkeit, zu einer Wesenserkenntnis der Gegenstände zu gelangen, hält Aussagen über das Wesen der Dinge für theoretisch unmöglich und betrachtet sie zudem als nutzlos für die menschliche Praxis. Trotz unterschiedlicher theoretischer und methodologischer Positionen stimmen alle Vertreter des Positivismus darin überein, dass sich positivistisches Denken engstens an die Theorienbildung und die Methodologie der Naturwissenschaften anschließen muss, was letztlich zur Negation der Eigenständigkeit der Philosophie und zur Auflösung ihrer Probleme in die der Einzelwissenschaften führt. Erkenntnis beschränkt der Positivismus auf das äußere Beschreiben und logischen Ordnen der in den Sinnen gegebenen Tatsachen; ihre Aufgabe bestehe nicht in der Erforschung der objektiven Realität. Der extrem empiristische Positivismus ist in seinem Wesen subjektiv-idealistisch und agnostizistisch. Der Neupositivismus beschränkt die Aufgabe der Philosophie auf eine logische Analyse der Sprache der Wissenschaft, die nur auf Beobachtung gegründete Erfahrungssätze enthalten dürfe; er strebt eine Einheitswissenschaft an, die sich mathematischer und logischer Methoden bedient.