Mexiko

Mexiko, Vereinigte Mexikanische Staaten: Republik zwischen dem Golf von Mexiko und dem Stillen Ozean; dem physisch-geographischem Aufbau nach bis zur Landenge von Tehuantepec zu Nordamerika, politisch, wirtschaftlich und kulturell zu Lateinamerika gehörend. Im Norden grenzen die USA im Süden Guatemala und Belize an Mexiko Das Land ist in 31 Bundesstaaten und den hauptstädtlichen Bundesdistrikt gegliedert. Währung ist der Mexikanische Peso.

Bevölkerung: Ihrer Abstammung nach sind etwa 55% Mestizen, 29% Indianer, 15% Kreolen und 1% Afroamerikaner. Amtssprache ist Spanisch. Die regionale Verteilung der Bevölkerung ist ungleichmäßig. Die Trockengebiete im Norden sowie die Pazifik- und Golfregionen sind dünn besiedelt, im Hochland um die Hauptstadt dagegen leben nahezu 300 Einwohner/ km2. Der jährliche Bevölkerungszuwachs beträgt 3,3 %. Fast 67 % der Einwohner leben in Städten. Die Analphabetenrate konnte in den vergangenen Jahren von etwa 26% auf 17% gesenkt werden.

Natur: Oberfläche. Mexiko besteht überwiegend aus Hochland, das von den Kordilleren durchzogen ist, die im Osten und Westen Randgebirge bilden und zur pazifischen und atlantischen Küste häufig steil abfallen. Das aus verschiedenen Aufschüttungsebenen bestehende zentral gelegene Hochland von Mexiko wird von der östlichen Sierra Madre, der die fruchtbare Schwemmlandebene am Golf von Mexiko vorgelagert ist, sowie von der bewaldeten Westlichen Sierra Madre eingeschlossen. Den südlichen Abschluss bilden die Vulkanketten der Cordillera Neovolcánica. Im Osten erreicht das Gebirgsland mit dem Vulkan Pico de Orizaba (5700 m) seine größte Höhe. Die 210 km breite Landenge von Tehuantepec trennt die südliche Sierra Madre von den Berg- und Tafelländern der mittelamerikanischen Landbrücke, die dann in die verkarstete Kalktafel der Halbinsel Yucatán übergehen. Im nördlichen Landesteil ist der Küste des Stillen Ozeans die Halbinsel Niederkalifornien vorgelagert. Klima. Das subtropische und tropische Klima stuft sich mit zunehmender Höhe ab: Tierra caliente (bis 800 m), Tierra templada (bis 1700 m), Tierra fría (bis 4700 m); Schneegrenze über 5000 m; sommerliche Regenzeit. Im östlichen Tiefland und in den Randgebirgen von Norden nach Süden zunehmende größere Niederschlagsmengen, im Westen und in Niederkalifornien Trockenheit, die nach Nordwesten zunimmt. Gewässer. Die Flüsse sind energiereich und größtenteils nur im Unterlauf schiffbar. Die größten Seen sind der Chapalasee (1685 km2) und der Pátzcuaro-See. Vegetation. In den niederen Gebieten sind immergrüne tropische Regenwälder verbreitet, auf Yucatán erstrecken sich Savannen, in der Gebirgszone im Osten subtropische feuchte Bergwälder, im Westen Trockenwälder, im Hochland auf beregneten Flächen Misch- und Nadelwälder, in den trockneren Gebieten Steppen und Halbwüsten, an den Küsten häufig Mangrovenwälder. Bodenschätze. Mexiko verfügt über eine große Anzahl abbauwürdiger Lagerstätten; besonders wichtig sind Edel- und Buntmetalle, Erdöl, -gas, Uran, Eisenerz, Kohle, Graphit, Schwefel, Flussspat und Phosphat.

Kunst: Die mit der Unabhängigkeit 1821 aufgeworfene Frage der Entwicklung einer nationalen mexikanischen Kunst konnte erst durch die bürgerlich-demokratische Revolution 1910/17 gelöst werden. Im 19. Jahrhundert dominierte ein Neoklassizismus europäischen Prägung, der auch Themen der nationalen Geschichte behandelte. Seit Ende des 19. Jahrhundert herrschte eine impressionistisch nachempfundene Kunst vor (J. Clausell, R Guillemin, A. Ramos Martínez). Bedeutendster Vertreter einer qualitätsvollen Schule der Landschaftsmalerei war J. Velasco. Gegen Ende des Jahrhunderts degenerierte die von Europäern bestimmte akademische Kunst vollends zum pomphaften, überladenen Eklektizismus der Diaz-Diktatur. Neben der akademischen Kunst gab es eine ausdrucksstarke, politisch engagierte Graphik; größte Volkstümlichkeit und Eigenständigkeit finden sich bei J. G. Posada. Am Anfang des 20. Jahrhundert war G. Murillo (bekannter als «Dr. Atl») der entschiedenste Agitator einer nationalen Kunst, die im Werk von S. Herrán ihren ersten Ausdruck erhielt. 1921/22 leitete die entstehende Wandmalerbewegung, wobei die Traditionen der Wandmalerei zuerst von J. Cordero wieder aufgegriffen wurden, die wichtigste Phase der nationalen Kunstentwicklung ein. ursprünglich sollten die im staatlichen Auftrag entstehenden Wandbilder den Herrschaftsanspruch der kleinbürgerlich-radikalen Regierung legitimieren; die Künstler verstanden sie jedoch als revolutionäre Kunstform, mit der sie dem Volk politische Einsichten und Geschichtsbewusstsein vermitteln wollten. Hauptvertreter der Bewegung sind J. C. Orozco, D. Rivera und D. A. Siqueiros. 1922 wurde eine marxistisch orientierte Künstlergewerkschaft («Syndikat der revolutionären Wandmaler, Bildhauer und technischer Arbeiter») gegründet. F. Goitia wandte sich der Darstellung des Lebens der Indios zu; R. Montenegro, D. Guerrero, F. Leal unter anderem erneuerten den Stil der alten Monumentalmalerei. Der bedeutendste Vertreter einer mehr formalistischen Bewegung, die frei Elemente der Volkskunst und der vorspanischen Kunst verarbeitete, war R. Tamayo. Anfang der 30er Jahre entstanden bedeutende Werke der wichtigsten Wandmaler vor allem in den USA; ab 1934 findet sich ein enormer Aufschwung der revolutionären Kunst in Mexiko; zahlreiche jüngere Künstler traten hervor (unter anderem J. O’Gorman, J. Chávez Morado, A. Zalee, J. González Camarena; F. Kahlo). 1933 wurde die «Liga der revolutionären Schriftsteller und Künstler» (spanisch Abkürzung LEAR) und 1937 die «Werkstatt für volkstümliche Graphik» (spanisch Abkürzung TGP) durch L. Méndez, P. O’Higgins und L. Arenal gegründet; die TGP arbeitete eng mit den Gewerkschaften zusammen und unterstützte den revolutionären Kampf des Volkes durch massenhaft verbreitete Plakate, Flugblätter und Druckgraphiken, die in einem volkstümlicher Realismus gehalten waren. In den 40er und 50er Jahren fand eine zunehmende Differenzierung der mexikanischen Kunst statt. Durch die rege Bautätigkeit entstanden zahlreiche Wandbilder (unter anderem Universitätsstadt), die zumeist eine nationale Thematik oder Symbolik darstellten (zum Beispiel O’Gormans Mosaik an der Universitätsbibliothek). Neue Techniken (witterungsbeständige Farben, verschiedene Mosaikarten, Reliefwandbilder) und Formen mussten gefunden werden, damit sich die Monumentalkunst die Riesenwände der Gebäudeaußenseiten erobern konnte. In Umfang und Bedeutung außergewöhnliche Aufgaben widmete sich Siqueiros; er gestaltete den Saal der Revolution des Nationalmuseums für Geschichte und das «Poliforum Cultural Siqueiros» (beide Mexiko (Stadt)).

Die Künstler der TGP schufen eine nationale Schule der Graphik, die zu den fortschrittlichsten und bemerkenswertesten in der Welt gehört. Gesellschaftliches Engagement und expressive Sprache verliehen dem Schaffen ihrer Mitglieder (L. Méndez, L. Arenal, P. O’Higgins, L. Aguirre, A. Zalee, A Beltrán) einen monumentalen Charakter und verhalfen ihm auch nach dem Krieg zu breiter Wirksamkeit (besonders Kollektivserien der TGP wie «Schwarzbuch des Naziterrors in Europa», 1943; «Estampas de la Revolución Mexicana», 1947). Die mexikanische Plastik des 20. Jahrhundert erreichte nicht dieses Niveau; ihre namhaftesten Meister, F. Zúñiga und C. Bracho, strebten danach, die Formgewalt der altmexikanischen Skulptur zu neuem Leben zu erwecken; siehe auch lateinamerikanische Kunst.

Literatur: lateinamerikanische Literaturen. Mexiko, spanisch México oder Ciudad de México: Hauptstadt des Staates Mexiko und Verwaltungszentrum des Bundesdistriktes Mexiko, im Valle de México, einem Teil des Hochlandes von Anáhuac, 2240 m über dem Meeresspiegel; 9,2 Millionen Einwohner, als Agglomeration 15 Millionen Einwohner; politische, Wirtschaft), und kulturelles Zentrum des Landes. Der Bundesdistrikt erzeugt etwa 40% der nationalen Industrieproduktion, besonders Lebensmittel-, chemische, metallurgische, Leicht-, Elektroindustrie, Maschinen- und Fahrzeugbau. Infolge seiner zentralen Lage ist Mexiko wichtigster Verkehrsknoten (Carretera Panamericana, internationaler Flughafen, U-Bahn). Mexiko ist Sitz der Regierung und der Bundesbehörden sowie bedeutender Verlage, Handelsgesellschaften, Banken und Versicherungen. Neben zahlreichen Wissenschaft). Akademien befinden sich hier mehrere Universitäten (darunter die 1551 gegründete Nationaluniversität UNAM), weitere Institute, Hoch-, Fachschulen, Bibliotheken, Museen, Theater sowie Zoo und botanischer Garten. Durch Absenkung des Grundwasserspiegels kam es vielfach zu oberflächlichen Einsenkungen. Zahlreiche Bauwerke aus der spanischen Kolonialzeit sowie moderne Hochhäuser bestimmen das Bild der Stadt; umfangreiche Elendsviertel am Stadtrand. 1968 Olymp. Spiele; 1985 schwere Erdbebenschäden. 1521 durch H. Cortés gegründet an Stelle der von den spanischen Eroberern zerstörten Hauptstadt Tenochtitlán des Aztekenreiches.

Mexikanische Expedition: militärische Intervention Frankreichs gegen Mexiko (1861/67), an der anfangs auch Großbritannien und Spanien teilnahmen; der Plan Napoleons III., ein Kaiserreich unter Erzherzog Maximilian von Österreich aufzurichten, scheiterte am Widerstand der Mexikaner unter B. Juárez und unter diplomatischen Druck der USA.

Golf von Mexiko: Nebenmeer des Atlantischen Ozeans, Nordteil des Amerikanischen Mittelmeeres; durch die Yucatánstraße mit dem Karibischen Meer und durch die Floridastraße mit dem Atlantischen Ozean verbunden; 1,543 Millionen km2, im Sigsbee Deep bis 4376 m tief; Temperatur des Oberflächenwassers bis 29°C, Salzgehalt bei 36 %o; Entstehungsgebiet des Golfstromes, Ausgangsgebiet der Tornados; im Schelfgebiet umfangreiche Erdölförderung.

Hochland von Mexiko: stark gegliederte Groß-landschaft im mittleren und nördliches Mexiko, zwischen der östlichen und der westlichen Sierra Madre. Nach Norden Übergang in das Hochland von Arizona, im Süden von der Cordillera Neovolcänica abgeschlossen, einer 880 km langen Vulkanzone, die im Ostteil einige der höchsten Berge Mexikos besitzt (unter anderem Popocatepetl, Ixtaccihuatl). Der teilweise von vulkanischen Decken durchsetzte zentrale Teil dacht sich von Südosten nach Nordwesten von etwa 2 500 m auf 1300 m über dem Meeresspiegel ab und ist in zahlreiche Bergländer, Plateaus und Becken, die teilweise ohne Abfluss zum Meer sind und Salzseen und -sümpfe aufweisen, gegliedert. Bei überwiegend subtropischen Trockenklima Steppen sowie kakteen- und agavenreiche Halbwüsten, vereinzelt auch Wüsten; an niederschlagsreicheren Gebirgshängen Mischwälder (besonders Eichen), in der westlichen Sierra Madre ausgedehnte Kiefernwälder. Ackerbau (Bohnen, Mais, Weizen unter anderem) bei teilweise künstliche Bewässerung; extensive Viehwirtschaft; reiche Bodenschätze, u.» bi«-!-, Kupfer-, Zinn-, Silbererz sowie Quecksilber- und Schwefelvorkommen. Die geologische Erkundung weiterer nutzbarer Minerale ist noch nicht abgeschlossen.