Manierismus

Manierismus: (französisch) widerspruchsvolle Stilströmung der europäischen Kunst zwischen Hochrenaissance und Barock, etwa 1520/1600, die das politische, wirtschaftliche und geistige Chaos Europas im Zeitalter der Gegenreformation widerspiegelt. Die Bewertung des Manierismus zählt zu den am meisten diskutierten Problemen der Kunstwissenschaft. Der Manierismus begann in Florenz mit der rein artistischen Weiterführung der stilistischen Eigenart der vorangegangenen klassischen Kunst der Hochrenaissance; es entstand eine überfeinerte, intellektuelle Kunst von höchstem ästhetischen Raffinement, die den Realismus und Humanismus der Frührenaissance und die idealisierte Harmonie der Hochrenaissance ablöste. Kennzeichnend sind eine Überbewertung der künstlerischen Form gegenüber der natürlichen Proportion, so dass labile, überlängte Figuren beliebt wurden sowie Unruhe im Bildaufbau, ekstatische Spannungen und changierende, gebrochene Farben. Bedeutende Leistungen erfolgten auf dem Gebiet der Porträtmalerei durch Vertiefung der individuellen Züge und Erfassung des Psychischen; in der Bildhauerkunst wurde die rundansichtige bewegte Figurengruppe zur höchsten Vollendung gebracht, insbesondere durch Giovanni da Bologna, dessen zahlreiche, viel kopierte Bronzestatuetten den Stil über ganz Europa verbreiteten. Zu den Hauptmeistern des Manierismus in der italienischen Malerei zählen Tintoretto, Parmigianino, J. Pontormo, A. Bronzino sowie der Spanier El Greco. Ein weiteres europäischen Zentrum des Manierismus wurde der Hof Rudolfs II. in Prag mit den Künstlern H. von Aachen, B. Spranger, G. Arcimboldi und A. de Vries sowie die Schule von Fontainebleau mit einem reichen von den Italienern F. Primaticcio und G. B. Rosso entwickelten Dekorationsstil. Den Manierismus in Nordeuropa beeinflussten besonders die niederländischen Manieristen, die eine eigene künstlerische Spielart des Manierismus entwickelten.