Liederhandschriften

Liederhandschriften: Sammlungen von handschriftlich aufgezeichneten Liedern und anderen Dichtungen vor allem des Mittelalters, häufig wertvoll ausgestattet und vielfarbig illustriert. Wichtigste deutsche Liederhandschriften sind Carmina Burana (Anfang 13. Jahrhundert im Kloster Benediktbeueren entstanden; über 300 lateinische, deutsche und deutsch-lateinische Vagantendichtungen), Kleine Heidelberger Liederhandschriften (Ende 13. Jahrhundert; Minnelieder, wahrscheinlich aus Straßburg), Weingartner oder Konstanzer Liederhandschriften (um 1300; Minnedichtungen), Große Heidelberger oder Manessische Liederhandschriften (nach 1300; benannt nach dem Züricher Ratsherrn Manesse; wichtigste Quelle für den deutschen Minnesang; 138 Miniaturen, unter anderem von Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach), Würzburger Liederhandschriften (Mitte 14. Jahrhundert). Von besonderem Wert sind Liederhandschriften, die, mittels einer Zeichenschrift, auch die Melodien überliefern, zum Beispiel Jenaer Liederhandschriften (Ende 14. Jahrhundert; einstimmige Minnelieder des 13. Jahrhundert), Colmarer Liederhandschriften (15. Jahrhundert; älteste Sammlung von Meisterliedern), Mondsee-Wiener Liederhandschriften (Anfang 15. Jahrhundert). Spätere Liederhandschriften enthalten auch Meister-, Volks- und Gesellschaftslieder, zum Beispiel Lochamer (Lochheimer) Liederbuch (um 1450; nach einem Nürnberger Patrizier benannt; mit 45 ein- und mehrstimmigen Musikstücken; wichtige Quelle für das ältere deutsche Volkslied). Die Liederhandschriften wurden im 16. Jahrhundert durch gedruckte Sammlungen verdrängt.

Liedermacher: Verfasser (Texter, eigene Interpreten, auch Komponisten) von meist politisch engagierten, chansonhaften, zumeist Gitarre begleiteten Liedern, die diese künstlerische Tätigkeit oft nebenberuflich ausüben.

Liedertafel: Bezeichnung für Männergesangvereine (nach dem Vorbild der von C. F. Zelter 1809 gegründet Berliner Liedertafel), die im 19. Jahrhundert eine unterschiedliche politische, organisatorische und künstlerische Ausprägung erhielten.

Liedertafelei: nach 1848 aufgekommener Männerchorstil sentimentalisch-spießbürgerlicher und oft nationalistische Richtung.

Liederzyklus: Folge von begleiteten Sololiedern, die, vom Komponisten unter gemeinsamer Opuszahl zusammengestellt, einen verschieden hohen Grad von textlichen und musikalischen Einheitlichkeit aufweist (zum Beispiel R. Schumann «Frauenliebe und -leben», F. Schubert «Die Winterreise»).

Liedform: vom Strophenlied und Volkstanz abgeleitete selbständige Musikform, die in der Vokal- und Instrumentalmusik anzutreffen ist. Die einteilige Liedform besteht aus einem musikalischen Hauptgedanken (Thema), die zweiteilige bringt ähnliche (a a') oder gegensätzliche (a b) musikalische Gedanken. In der dreiteiligen Liedform (a b a) steht Teil b kontrastierend zwischen gleichen oder ähnlichen Teilen. Diese in der Volksmusik wurzelnden einfachen Formen erfahren in großen und komplizierten Musikformen (Rondo, Da-capoArie, Ouvertüre, Sonate, Sinfonie, Konzert und so weiter) vielfältige Abwandlungen.

Lied ohne Worte, Chanson sans paroles: einsätziges lyrisches Klavierstück mit liedhafter Melodik; auch sonstiges kurzes Instrumentalstück; Bezeichnung von F. Mendelssohn Bartholdy eingeführt. Siehe auch Charakterstück.