Kultur

Kultur: in der Antike Pflege des Bodens, dann auch Veredelung der menschlichen Anlagen; im Denken der Aufklärung alles, was dem sogenannt Naturzustand zugunsten der Humanität abgerungen wird. Der Marxismus-Leninismus versteht unter Kultur alle jene über Tätigkeiten und Gegenstände vermittelten gesellschaftlicher Verhältnisse, die besonders der Persönlichkeitsentwicklung dienen. Kultur umfasst danach

a) alle zweckmäßig geschaffenen Voraussetzungen für die Persönlichkeitsentwicklung der Mitglieder einer Gesellschaft (Resultate der materiellen und geistigen Produktion, Organisationsformen des Zusammenlebens, Institutionen der Bildung und Erziehung, Kommunikationsformen unter anderem; siehe auch Kulturerbe;

b) das Menschenbild und Persönlichkeitsideal der Gesellschaft;

c) die davon abhängenden praktischen, theoretischen, moralischen und ästhetischen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Menschen, das heißt die subjektive Kultur. In der Klassengesellschaft trägt die Kultur Klassencharakter. Ihren konkreten Lebensverhältnissen entsprechend entwickeln die unterdrückten progressiven Klassen und Schichten Elemente einer demokratischen Kultur Herrschende Kultur ist aber stets die Kultur der herrschenden Klassen, die sich den Hauptteil des kulturellen Reichtums aneignen. Mit dem Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus ergibt sich die Notwendigkeit der revolutionären Umwälzung des Überbaus und damit auch der Kultur im engeren Sinne durch die sozialistische Kulturrevolution. Die Arbeiterklasse ist die erste werktätige Klasse, die eine ausbeutungsfreie Gesellschaft aufbaut und auch deren Kultur nach allen Seiten ausbildet. In der sozialistischen Gesellschaft entfalten die Werktätigen durch ihre schöpferische Aktivität die Kultur in allen Lebensbereichen. Entwicklung der sozialistischen Arbeitskultur, Schutz und Gestaltung der Umwelt, Kultur in den menschlichen Beziehungen und der Lebensweise, Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Weltanschauung und ihre Verbreitung im Volk, Förderung von Wissenschaft und Bildung, Pflege des humanistischen nationalen und internationalen Kulturerbes und seine Aneignung durch die Werktätigen, Aufschwung der sozialistisch-realistischen Kunst und ihre gesellschaftliche Wirksamkeit, Entwicklung aller schöpferischen Begabungen und Talente des Volkes sind wichtige Aufgaben der sozialistischen Kultur, die harmonisch miteinander verbunden sind.

Kulturbiotope: vom Menschen veränderte Lebensräume wie Äcker und Grünland, Gärten und Plantagen, Ruderalstellen und so weiter. Wirtschaftswälder mit geringerem menschlichem Eingriff werden zu den Halb-Kulturbiotopen gerechnet.

Kulturerbe: Gesamtheit der in der Vergangenheit entstandenen kulturellen Beziehungen und Produkte, die über den historischen Umkreis ihres Entstehens und zeitgenössischen Wirkens hinaus bei der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft Funktionen erfüllen und dadurch zum Entstehen, Fortschreiten und zur Festigung der Kultur beitragen. Die sozialistische Kultur knüpft an progressive kulturelle Leistungen vergangener geschichtlicher Epochen von der Antike über die des aufstrebenden Bürgertums bis zur Kultur der Arbeiterbewegung an. Die im Imperialismus herrschende Kultur vermag nicht, diese humanistische Tradition fortzusetzen. Erst der real humanistischen Charakter des Sozialismus ermöglicht, das Kulturerbe allen Werktätigen zugänglich zu machen und es in den sozialistischen Kulturleistungen zu bewahren und schöpferisch weiterzuentwickeln. Die Aneignung des nationalen und internationalen Kulturerbes ist eine Seite der sozialistischen Kulturrevolution.

Kulturfilm: bürgerliche Bezeichnung für auf Breitenwirkung zielenden (Kurz-)Film, der kulturelle Erscheinungen ohne deren historische-materialistische Bedingtheit darstellt. Siehe auch populärwissenschaftlicher Film.

Kulturgeographie: Wissenschaftsbereich der bürgerlichen Geographie, der der Kulturlandschaft eine eigengesetzliche Entwicklung unterstellt und diese idealistisch interpretiert. Die Kulturgeographie beinhaltet die Wechselwirkungen zwischen Natur, Landschaft und Mensch. Sie überbewertet die kausale Abhängigkeit des Menschen von der Natur und unterschätzt damit die Möglichkeit seines Einwirkens auf die natürliche Umwelt, klammert weitgehend gesellschaftlich-ökonomische Probleme aus und deckt die Widersprüche der kapitalistischen Territorialstruktur nicht auf.

Kulturgeschichte: im einheitlichen Geschichtsprozess die Abfolge von Kulturen, das heißt der historisch verschiedenen Beziehungen zwischen Individuum und Gesellschaft sowie der Art und Weise der Produktion kultureller Werte. In der Abfolge von Gesellschaftsformationen ist dies jeweils die praktische und geistige Bewältigung der sozialen Lebensbedingungen in einer spezifischen Lebensweise sowie deren Klassen wie zeitbedingte Widerspiegelung in Kunst, Moral, Recht und Wissenschaft. Jede Produktionsweise bedingt praktische, intellektuelle, sittliche und ästhetische Fähigkeiten und Bedürfnisse der Menschen, die in konkreten Kulturen ihre einmalige Ausprägung finden und die Kulturgeschichte als Komplex spezifische gesellschaftliche Verhältnisse bestimmen.

Kulturgut: positiv wertende Bezeichnung für alle überlieferten Zeugnisse kultureller Leistungen von Nationen und Völkerschaften beziehungsweise der Menschheit insgesamt, die für einen längeren historischen Zeitraum bedeutsam sind und kulturelle Werte darstellen.

Kulturkampf: von R. Virchow 1873 geprägte unzureichende Bezeichnung für die Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und der liberalen Bourgeoisie einerseits und dem Zentrum und der katholischen Hierarchie andererseits.

Kulturlandschaft: durch Arbeit des Menschen sowie mittelbare Wirkungen unter Einflussnahme auf biotischen und abiotischen Faktoren gestaltete Natur, die damit den Stand der materiellen Produktion sowie soziale und kulturelle Veränderungen in bestimmten Territorien widerspiegelt.

Kulturniveau: Entwicklungsgrad der Fähigkeiten der Angehörigen von Klassen und sozialökonomische Gesellschaftsformationen, den objektiven Erfordernissen und den vorhandenen sozialen Erfahrungen (politisches Wissen, wissenschaftliche Methoden, ästhetische Aneignungsweise und so weiter) entsprechend zu handeln. Die Überwindung kultureller Folgen des Kapitalismus und wachsende Anforderungen an jeden einzelnen verlangen im Sozialismus die ständige Hebung des Kulturniveau der Werktätigen.

Kulturpflanzen: vom Menschen planmäßig zur Nutzung als Nahrungsmittel oder Rohstoff angebaute Pflanzen, deren Ertragsfähigkeit gegenüber den Wildformen durch Auslese und Züchtung ständig gefördert wird (gegenwärtig etwa 12000 Arten). Abhängig vom Hauptverwendungszweck werden unterschieden Nahrungsmittel-, Genussmittel-, Gewürz-, Arzneipflanzen unter anderem Nach den Formen des Anbaus wird eingeteilt in landwirtschaftlichen, gärtnerischen und forstwirtschaftlichen Kulturpflanzen. Die wichtigsten sind die landwirtschaftlichen Kulturpflanzen, wie Körnergewächse (Mehl- und Hülsenfrucht-, im weiteren Sinne Ölfruchtarten), Blatt-, Blüten-, Knollen-, Wurzelgewächse, Faser-, Grünfutterpflanzen. Neben den höheren Pflanzen sind auch niedere pflanzlichen Organismen, zum Beispiel Pilze (Speisepilz-kulturen, Hefe- und Schimmelpilze für industrielle Zwecke), zu den Kulturpflanzen zu zählen.

Kulturpflege: Forstwirtschaft alle Pflegemaßnahmen manueller, mechanischer und chemischer Art von der Begründung bis zur gesicherten Kultur (etwa 5 Jahre) von Forsthölzern; zum Beispiel Bodenlockerung, Schutz gegen pflanzliche und tierische Schäden, Beseitigung unerwünschter Mischhölzer.

Kulturphilosophie: in der Aufstiegsperiode des Bürgertums Versuche, durch theoretische-philosophische Untersuchung der kulturellen Entwicklung der Menschheit allgemeine Gesetze des gesellschaftlichen Lebens zu erfassen (J. A. Condorcet, J. G. Herder unter anderem); in der imperialistischen Ideologie wird «Kultur» auf die geistige Kultur reduziert und der materiellen Kultur («Zivilisation») entgegengestellt.

Kulturschicht: Bezeichnung der Archäologen für Erdschicht, die unter anderem durch das Einwirken der Menschen entstanden ist und materielle Hinterlassenschaften derselben enthält; zum Beispiel Keramik, Steinwerkzeuge, Schmuck, Waffen, Knochen.

Kulturtheorie: philosophische Theorie von den Entwicklungsgesetzen und Formen der Kultur. Aufgabe der marxistisch-leninistische Kulturtheorie ist die wissenschaftliche Begründung der sozialistischen Kulturauffassung und ihre Verteidigung im ideologischen Klassenkampf, die Schaffung wissenschaftlicher Grundlagen für die Leitung und Planung sozialistischer Kulturentwicklung, die weltanschauliche-methodologische Zusammenfassung von Aussagen anderer Wissenschaftsdisziplinen zur Kultur, insbesondere zur Kulturgeschichte, Kultursoziologie, Kulturökonomie und zum Kulturrecht.

Kulturverfahren: Anzucht eines Organismus. Man unterscheidet bei der Kultivierung von Mikroben ein diskontinuierliches Kulturverfahren (statisches Verfahren) und ein kontinuierliches Kulturverfahren. Beim diskontinuierlichen Kulturverfahren, das zum Beispiel zur Produktion von Backhefe und Antibiotika dient wird ein Gärtank mit Nährlösung gefüllt und beimpft. Nach entsprechend Vermehrung der Mikroben, die unter Bildung von Biomasse abläuft, wird der Vorgang abgebrochen. Danach wird die Fermentationslösung aufgearbeitet. Beim kontinuierlichen Kulturverfahren wird kontinuierlich frische Nährlösung zugegeben, und die Mikroben mit verbrauchter Nährlösung werden abgezogen. Kontinuierliche Kulturverfahren werden zur Abwasserreinigung, Bierherstellung und Eiweißproduktion angewandt Siehe auch Fermentation 2.

Kulturwissenschaften: Sammelbegriff für alle philosophischen und einzelwissenschaftlichen Disziplinen, die die sozialen Voraussetzungen und Folgen der menschlichen schöpferischen Tätigkeit und die Ausprägung historischen Kulturen untersuchen.