Kristall

Kristall: (lateinisch - griechisch krystallos, «Eis») ein von ebenen Flächen begrenzter, homogener, anisotroper Festkörper, der konvexe Polyeder bildet, charakteristische Symmetrieeigenschaften besitzt und im Allgemeinen eine dreidimensional periodische Anordnung von Atomen, Ionen oder Molekülen darstellt. Gleichartige Teile eines Kristall (Flächen, Kanten, Ecken) liegen symmetrisch zu bestimmten Symmetrieelementen und spiegeln den Aufbau des Kristallgitters wider. In morphologischer Hinsicht gibt es 32 Möglichkeiten der Kombination von Symmetrieelementen und damit 32 Kristallklassen. Die Kombinationen von Symmetrie-elementen räumlicher Kristallgitter führen zu 230 Raumgruppen. Je nach Lage und Größe der kristallographischen Achsen und der Symmetrie des Achsenkreuzes gehören die Kristallklassen zu einem der 7 Kristallsysteme. Beim Kristallwachstum entstehen Ein-K mit bestimmten Kristallformen oder Kristallaggregate, Parallelverwachsungen und Zwillinge. Die sich herausbildende Kristallgestalt wird durch Tracht und Habitus charakterisiert. Unter Tracht versteht man die Summe der an einem Kristallauftretenden Kristallformen. Der Habitus kennzeichnet die Gesamtgestalt, die tafelig, lang- oder kurzprismatisch, säulig, stengelig und so weiter sein kann, er ist durch die Größenverhältnisse der einzelnen Flächen bedingt.

Kristallchemie: Teilgebiet der Kristallographie, das sich mit den Beziehungen zwischen chemischer Zusammensetzung und strukturellen beziehungsweise morphologischen Eigenschaften der Kristalle befasst.

Kristallform: Komplex symmetrischer und gleichwertiger Flächen, der aus einer Fläche durch Anwendung von Symmetrieoperationen erzeugt wird, zum Beispiel im regulären System der Würfel oder im hexagonalen System der Pyramide. Siehe auch Pedion, Pinakoid, Doma, Sphenoid, Prisma.

Kristallgitterenergie, Gitterenergie: Arbeit, die je Mol aufgewendet werden muss, um eine kristalline Verbindung unter Zerstörung des Gitters in ihre (gasförmigen) Einzelbestandteile (Atome, Moleküle oder Ionen) zu zerlegen. In einem Ionenkristall ist die Kristallgitterenergie gleich der Bindungsenergie der Ionen und damit abhängig von der Ionenladung (Wertigkeit) sowie dem Ionenradius.

Kristallglas: Handelsbezeichnung für farbloses (kristallklares) Wirtschaftsglas, gewöhnlich mit Kaliumkarbonat und Soda geschmolzen und einwandfrei entfärbt; meist geschliffen. Sonderarten sind Bleikristallglas, Baryt-K und böhmisches Kristallglas

Kristallin, kristallinisch: im Gegensatz zu amorphen Stoffen einen streng regelmäßigen Aufbau aus Atomen, Molekülen oder Ionen aufweisend.

Kristalliner Zustand: Zustandsform fester Stoffe; gekennzeichnet durch regelmäßige Anordnung der Atome, Ionen oder Moleküle in einem Kristallgitter. Die meisten Stoffe, zum Beispiel Metalle, sind im festen Zustand kristallin.

Kristalline Schiefer: unexakter, aber konventioneller Ausdruck für metamorphe Gesteine, kristallinisch kristallin.

Kristallisation: Abscheidung von Kristallen aus Lösungen, Schmelzen oder Dämpfen. Die Kristallisation aus Lösungen erfolgt durch Abdampfen oder Verdunsten des Lösungsmittels, Abkühlen der Lösung, Zugabe von Fällungsmitteln oder Impfen einer unterkühlten Lösung. Hierbei lagern sich Atome, Ionen oder Moleküle unter Verlust ihrer freien Beweglichkeit geordnet aneinander und gehen in den kristallinen Zustand über. Eine bei der Kristallisation verbleibende Restlösung heißt Mutterlauge.

Kristallit: Kristallkorn mit einheitlicher Gitterstruktur in polykristallinen Stoffen. Bei der Kristallisation aus Schmelzen stoßen die sich bildenden Kristalle, besonders gegen Ende des Erstarrungsvorganges, aneinander und behindern sich gegenseitig im Wachstum. Dies führt zu einer unregelmäßigen, kornförmigen Gestalt (dem Kristallit) der in sich regelmäßigen Kristallbereiche, im Gegensatz zu unbehindert gewachsenen, von ebenen Flächen begrenzten Kristallen.

Kristallographie, Kristallkunde: Wissenschaft von den Kristallen; umfasst Kristallmorphologie, -strukturlehre, -chemie und -physik, ist Grundlage der Mineralogie, der Physik und Chemie kristalliner Körper sowie der Wissenschaft kristalliner Werkstoffe.

Kristallographische Indizes: Zahlen oder Zeichen, die zur Kennzeichnung von Kristallflächen, deren Abschnitte auf den kristallographischen Achsen bekannt sind, dienen. Die von William Hallowes Miller (1801-1880) angegebenen und nach ihm benannt Millerschen Indizes sind reziprok und ganzzahlig gemachte Werte der Achsenabschnitte im jeweiligen Achsenkreuz. Das Flächensymbol ist die Runde Klammer, zum Beispiel (111) oder (321). Die nach A. Bravais benannt Bravaisschen Indizes beziehen sich auf das vierachsige hexagonale beziehungsweise trigonale Achsensystem.

Kristalloptik: Teilgebiet der Optik, das sich mit der Ausbreitung des Lichtes in anisotropen Kristallen und deren Anwendung beschäftigt. In anisotropen Kristallen sind die optischen Eigenschaften von der Ausbreitungsrichtung des Lichtes relativ zu den Kristallachsen abhängig. In optisch einachsigen Kristallen gibt es eine, in optisch zweiachsigen Kristallen 2 Richtungen, in die sich das Licht wie in isotropen Stoffen ausbreitet (optische Achsen). In allen anderen Richtungen spaltet sich eine Welle in 2 senkrecht zueinander linear polarisierte Wellen unterschiedlicher Geschwindigkeit auf (bei optisch einachsigen Kristallen in den ordentlichen und in den außerordentlichen Strahl). Die Brechzahlen beider Wellen lassen sich mit dem Indexellipsoid (Indikatrix, Normalen Ellipsoid) bestimmen, dessen Hauptachsen den Hauptbrechzahlen proportional sind. An der Oberfläche anisotroper Kristalle tritt Doppelbrechung ein. Optisch aktive Kristalle (zum Beispiel Quarz) weisen optisches Drehvermögen auf.

Kristallphysik: Teilgebiet der Kristallographie; untersucht die Struktur und die physikalische Eigenschaften der Kristalle, um den Zusammenhang zwischen Struktur und Eigenschaften aufzuklären. Die physikalischen Eigenschaften eines Kristalls werden durch seine chemische Zusammensetzung, die räumliche Anordnung seiner Bausteine (Gittertyp), den Charakter der Bindungskräfte zwischen seinen Gitterbausteinen (Bindungstyp) und den Charakter und die Anzahl der Gitterfehler (Realstruktur) bestimmt.

Kristallprojektion: Darstellung geometrischer und physikalischer Eigenschaften der Kristalle, insbesondere von Flächen, Kanten und Zonenverbänden. In der Kristallographie sind hauptsächlich 3 Kristallprojektion im Gebrauch. Die orthogonale Parallelprojektion mit im Unendlichen liegenden Projektionszentrum und parallel verlaufenden Projektionsstrahlen wird benutzt, um von Kristallen Kopfbilder zu zeichnen. Wichtigste Kristallprojektion ist die winkeltreue Stereographische Projektion, bei der sich der zu projizierende Kristall im Mittelpunkt einer Kugel befindet, die Projektionsebene die Äquatorebene ist und die Projektionsstrahlen vom Südpol der Kugel ausgehen. Flächen am Kristall werden als Punkte und Zonen als Kreise abgebildet. Bei der gnomonischen Projektion werden Kristallflächen als Punkte und Zonen als gerade Linien abgebildet.

Kristallsystem: Zuordnungsbegriff für Kristallklassen, die sich auf Grund ihrer Symmetrie einem bestimmten Achsensystem zuordnen lassen.

Kristallverbindung: Zusammenschluss von Bauteilen eines Kristalls in bestimmter gegenseitiger räumlichen Anordnung. Ist die Anzahl der zu einer solchen Verbindung gehörenden Teilchen endlich begrenzt, so entstehen in sich abgeschlossene Moleküle. Werden durch fortgesetzt wirkende Kräfte gleichartige und ungleichartige Teilchen (Ionen, Atome, Moleküle) im Mittel so zueinander geordnet, dass ein natürlicher endlicher Abschluss nicht erreicht werden kann, so ergibt sich eine Kristallverbindung. In ihr ist eine an sich unbegrenzte Wiederholung der strukturellen Baumotive erkenn- und nachweisbar.

Kristallviolett: bronzefarbener Triphenylmethanfarbstoff, dessen wässrige Lösung intensiv violett aussieht. Kristallviolett wird unter anderem zur Herstellung von Kopierstiften und Farbbändern verwendet.

Kristallwasser: in Kristallen in bestimmten stöchiometrischen Mengen gebundenes Wasser, zum Beispiel gemäß den Formeln CuS04-5H20 (Kupfersulfat-5-Wasser) oderNa2S04-10H20 (Natriumsulfat-10-Wasser). Bei Erwärmung oder Druckminderung wird das Kristallwasser, oft stufenweise, frei.

Kristallzüchtung: Herstellung von hochreinen Einkristallen durch Kristallisation aus der flüssigen oder aus der Gasphase. Die Kristallisation aus der flüssigen Phase geht von in die Schmelze eingebrachten geeigneten Keimen aus. Beim Czochralski Verfahren wird dabei ein gekühlter, sogenannt Impfkristall langsam aus der Schmelze gezogen. Bei der Kristallisation aus der Gasphase werden die Ausgangsstoffe verdampft und wieder kondensiert (Aufdampfen dünner kristalliner Schichten; siehe auch Epitaxie). Beim Zonenschmelzverfahren wird eine schmale Schmelzzone durch das Material hindurchgezogen, wobei der Kristall gleichzeitig gereinigt wird. Für die so gezüchteten Einkristalle besteht ein großer Bedarf besonders in der mikroelektronischen und optischen Industrie.