Kreta

Kreta, Krete: größte griechische Insel, im Mittelmeer, 8259 km2 (als Landesteil 4 Distrikte umfassend, 8336 km2), 500000 Einwohner; 60 Einwohner/km2; Verwaltungszentrum Chania (41000 Einwohner); von öden, steil zur Küste abfallenden Gebirgsstöcken (Ide, bis 2456 m) durchzogen; Mittelmeerklima mit sommerlichen Dürre; in den Küstenebenen und kleinen Becken Anbau von Wein (Sultaninen), Oliven, Bananen, Obst und Zitrusfrüchten; Haupthäfen Chania, Herakleion; Fähre nach Athen. Im 2. Jahrtausend vor Christus älteste Hochkultur (minoisch) Europas (Knossos, Phaistos und Hagia Triada); 67 vor Christus von Rom unterworfen, 395/823 nach Christus byzantinisch, danach arabisch und wieder byzantinisch; 1204/1645 venezianisch und bis 1898 türkisch; 1898 erhielt Kreta die Selbstverwaltung; 1913 mit Griechenland vereinigt. Seit 1953 zum Militärstützpunkt der USA und der NATO ausgebaut. Im 2. Weltkrieg vom 20.5. bis 1.6.1941 durch faschistische deutsche Luftlandetruppen erobert und bis Kriegsende besetzt.

Kretische Schrift: vorgriechische Schriftgruppe auf Kreta, 1893 und folgende entdeckt, bestehend aus der altkretischen mimischen Schrift, einer zum Teil phonetisierten Bilderschrift, 2000/1600 vor Christus; der Linearschrift A, überwiegend Silbenschrift, entstanden etwa 1700/1500 vor Christus; der Linearschrift B, einer reinen Silbenschrift, entstanden etwa 1450/1200 vor Christus; auch auf dem griechischen Festland und auf Zypern (kyprische Schrift). Die kretische Schrift wurde 1952 und folgende von J. Chadwick und M. Ventris entziffert.

Kretisch-mykenische Kunst: die Kunst der Bronzezeit im Gebiet des Ägäischen Meeres (deshalb auch ägäische Kunst genannt), deren Zentrum vor dem 15. Jahrhundert vor Christus Kreta mit den Anlagen Knossos, Phaistos, Hagia Triada, Palaikastro, Kato Zakro unter anderem war; später, bis gegen 1200 vor Christus, bildete die Argolis auf dem Peloponnes namentlich mit den Burgen Mykene und Tiryns ihr Zentrum. Seit den Ausgrabungen in Knossos (1899) wird die kretische oder minoische Kultur im Allgemeinen in 3 Perioden mit 3 Unterabteilungen eingeteilt, was trotz verschiedener Einwände beibehalten blieb: 2600 bis 2000 frühminoisch I bis HI, 2000 bis 1900 mittelminoisch I, 1900 bis 1700 mittelminoisch II, 1700 bis 1550 mittelminoisch III bis spätminoisch I, 1550 bis 1400 spätminoisch II und 1400 bis 1150 spätminoisch III. Einer neolithischer Kulturstufe folgte mit dem Zerfall der Gentilgesellschaft im Verlauf des 3. Jahrtausend ein bedeutender Aufstieg, der mit zentralisierter Wirtschaft und der altorientalischen Klassengesellschaft ähnelnden Verhältnissen verbunden war und in den älteren Palastanlagen des sagenhaften Königs Minos in Knossos bereits künstlerischer Ausdruck fand. Wie die Ortschaften waren auch sämtliche Paläste auf Kreta unbefestigt. Um einen rechteckigen Innenhof gruppiert sich ein kompliziertes System mehrstöckiger Raumkomplexe, die mit gewissem Komfort sowie mit Wandmalereien und Stuckreliefs ausgestattet waren. Die Plastik blieb auf kleines Format in Bronze, Gold-Elfenbein, Fayence und Ton beschränkt; das Kunsthandwerk erzielte in Goldsiegeln und -geräten sowie in der Gefäßkeramik Höchstleistungen. Als in spätminoischer Zeit, um 1400 vor Christus, der politische Vorrang im östlichen Mittelmeer auf die Burgherren der Argolis überging, entwickelte sich die mykenische Kultur (nach ihrem Zentrum Mykene benannt), die in Kult, Hoftracht, Malerei, Plastik und Kunsthandwerk zwar im Allgemeinen auf kretischen Traditionen fußte, aber eigene Wege, besonders in der Architektur der Burgen und in monumentalen Grabbauten (Kuppelgräber) einschlug. Während in mykenischen Gräbern hervorragende Goldtreibarbeiten (Diademe, Gesichtsmasken, Schmuckstücke, Gefäße und Waffen) gefunden wurden, war die Kleinplastik unbedeutend. In der Vasenmalerei wurde die kretische Technik beibehalten, jedoch erstarrten in der Gefäßdekoration die Naturformen; thematisch neu war die Darstellung des Menschen. Die Wandmalerei blieb hingegen ganz unter kretischen Einfluss und ist zum Teil wohl von kretischen Künstlern ausgeführt worden.