Kampuchea

Kampuchea: Staat in Südostasien; grenzt im Westen an Thailand, im Norden an Thailand und Laos, im Osten und Süden an Vietnam und im Südwesten an den Golf von Thailand; verwaltungsmäßig in 18 Provinzen und die 2 zentralgeleiteten Städte Phnom Penh und Kompong Som gegliedert. Währung ist der Riel.

Bevölkerung: Die Mehrheit der Einwohner bilden die Khmer. Daneben gehören heute noch 0,2 Millionen Menschen zu nationalen Minderheiten und kleineren Völkerschaften (Chinesen, Vietnamesen, Cham, Thai), die während der Terrorherrschaft 1975 bis 1978 bei gleichzeitiger starker Dezimierung der Gesamtbevölkerung nahezu ausgerottet wurden. Die Städte wurden restlos entvölkert, teilweise zerstört und erst ab 1979 wieder allmählich besiedelt. Amtssprache ist Khmer, als Mittlersprache ist Französisch gebräuchlich.

Natur: Den größten Teil der Landesfläche nehmen die Mekong Niederung und ein weiträumiges Tieflandbecken mit dem im Westen befindliche See Tonle Sap ein. Im Norden schließt das Dangrek Gebirge gegen das Khorat Plateau (Grenze Thailands) ab, im Südwesten erhebt sich das Kardamom Gebirge (1813 m), östlich des Mekong steigen die Hügelländer zu den Gebirgsketten des Truong Son an. Es herrscht tropisches Monsunklima mit einer sommerlichen Regenzeit. Nahezu 70% der Landesfläche sind waldbedeckt. Die Bodenschätze sind bisher ungenügend erkundet; bekannt sind Eisen-, Mangan-, Kupfer-, Golderz, Phosphate, Salze und Edelsteine.

Literatur: Bereits in der Sprachperiode des Mittelkhmer (14. bis Ende 18. Jahrhundert) bildeten sich 2 literarische Strömungen heraus, die höfliche Literatur und die Volksliteratur. Das klassische Werk der Khmer Literatur, das höfliche Versepos «Reamker» (Khmer Variante des indischen Ramayana) stammt aus dieser Periode. Als ideologischer Repräsentant des Mahayana-Buddhismus löst sich dieses Werk vom indischen hinduistischen Vorbild und bezeugt den Glauben an die Abhängigkeit aller Wesen, auch der Könige, von ihrem Karma. Der demokratische Gehalt der Volksliteratur (Märchen, Legenden, Schelmengeschichten, Sprichwörter) zeigt sich in der Polemik gegen herrschende Despotie und die Willkür der Feudalbeamten. Ideologisch von der Volksreligion, dem Hinayana-Buddhismus, geprägt, überliefert die Volksliteratur auch den uralten Glauben an die Belebtheit der Natur durch Naturgottheiten und respektiert ihn. Historisch gültige Aussagen patriotischer Kräfte über die Epoche des Verfalls der Zentralgewalt (seit dem 14. Jahrhundert) finden sich in dem Schelmenroman «A Chej». Seit Anfang des 19. Jahrhundert wird Gedankengut der französischen Aufklärung in der epischen Literatur schöpferisch verarbeitet. Der Versroman «Kakej» von dem König Ang Duong (1796-1859) erzielt mit der (höfisch verbrämten) Forderung nach dem Recht auf freie Partnerwahl einen Durchbruch in der Thematik der Epik. In der Zeit des französischen Protektorates (1863/1954) stellten die Schriftsteller der Despotie im doppelten Sinne ihr Ideal von der freien Entfaltung der Persönlichkeit entgegen. Repräsentanten aus der Zeit der Unabhängigkeitsbewegung sind unter anderem der Fabeldichter (1895-1921) und der Romancier, der bedeutendste moderne Khmer-Schriftsteller. Nach Erringung der Unabhängigkeit werden in der Literatur die Gebrechen der feudalkapitalistischen Verhältnisse angeprangert. Der im Jahre 1961 erschienene Roman «Eine neue Sonne scheint auf die alte Erde» von Suon Sorin (geboren 1930) zeichnet Probleme aus dem Leben der sich entwickelnden Arbeiterklasse. Dieses Werk bildet den Übergang von der bürgerlich-demokratischen zu einer sozialistischen Literatur der Khmer.

Musik: Schrift- und Bildquellen belegen seit dem 6./7. Jahrhundert Gesang, Instrumentalmusik und Tanz. In der Feudalzeit bildete sich -sozial bedingt eine musikkulturelle Schichtung heraus. Für die Musikkultur des Feudaladels war im 19./20. Jahrhundert zum Beispiel das höfliche Pinpeat-Ensemble (Xylophone, Metallophone, wie zum Beispiel das Gongspiel, Membranophone als Trommelarten, Oboe) zu zeremonieller Musik, Tänzen, Tanzspielen auf Stoffe des indischen Ramayana-Epos, Schattenpuppenspielen typisch. Einfachere Ensembles gab es auch auf dem Lande. Das höfliche Ballett hatte Mitte des 19. Jahrhundert 500 Tänzerinnen und Tänzer. Ballettkünstler waren zugleich Akteure; die musikalische Begleitung erfolgte durch Frauenchor und Pinpeat-Ensembleische zwischen kampucheanische, thailändische und laotische aristokratische Musik existierten Identitäten. Für den Buddhismus spielen liturgische Gesänge eine Rolle. Die Volksmusik besteht aus Arbeits-, Liebes-, Scherzliedern, magischen Gesängen, Instrumentalmusik, Tänzen; Höhepunkte bilden das Neujahrsfest, der Hochzeitsritus und der Faustkampf. Das politische Lied gewinnt gegenwärtig an Bedeutung. 1975/78 zerstörte musikkulturelle Traditionen werden seit Gründung der Volksrepublik erneuert. So ist der klassische Tanz der Apsara (nymphenartige Wesen) Sinnbild kampucheanischer Traditionen.