Indianer

Indianer: 1. Astronomie: soviel wie Inder (Sternbild).

2. Völkerkunde: Ureinwohner Amerikas (ohne Eskimo). Der Name geht zurück auf den Irrtum des Kolumbus, der in Amerika Indien auf dem westlichen Seeweg erreicht zu haben glaubte. Die Indianer bilden einen eigenen Zweig der mongoliden Rassengruppe; der volkstümliche Name «Rothaut» ist unzutreffend (und geht meist auf eine entsprechend Zeremonial-Bemalung zurück), vielmehr ist die Haut gelbbraun in vielen Schattierungen; das Haar ist blauschwarz und glatt. Die Indianer wanderten in mehreren Wellen aus Asien über die Beringstraße vor etwa 40000 bis 10000 Jahren ein. Sie bilden zahlreiche Sprachfamilien (Indianersprachen); umfassen in ihrer traditionellen Wirtschaftsführung sowohl Sammler und Jäger als auch Fischer und Bodenbauer. Anfänge des Bodenbaus (Kürbis, Mais, Bohnen) sind in Mexiko und Peru etwa seit 5000 vor Christus nachweisbar, in allen anderen Gebieten später. Nach Wirtschaftsgeographischen Gesichtspunkten ergibt sich folgende Gliederung der traditionellen indianischen Kulturen in Nordamerika: Indianer der Subarktis (subarktische Jäger und Fischer in den Wäldern und Waldtundren Alaskas und Kanadas; vorwiegend Athapasken und Algonkin); Nordwestküstenindianer (sesshafte Fischer mit ausgeprägter sozialer Schichtung, auf den Inseln und Küsten Südalaskas und Westkanadas); Kalifornische Indianer (Sammler, zum Teil Fischer und Jäger) und Indianer des Großen Beckens (repräsentiert durch die Schoschonen); des Südwestens (Bodenbauer in Arizona und Neumexiko, zum Beispiel Pima und Puebloindianer sowie die relativ spät eingewanderten Jäger und Sammler Navaho und Apachen); Prärie-Indianer (verhältnismäßig junge jägerische Kultur zwischen Rocky Mountains und Mississippi; Dakota, Cheyenne, Comanche); Indianer im Gebiet der Großen Seen (Erntevölker des wilden Wasserreises, aber auch Bodenbauer, zum Beispiel Ojibwa); des östlichen Waldlandes (Bodenbauer und Jäger zwischen dem Gebiet des Sankt-Lorenz-Stromes und dem Atlantik, repräsentiert durch die Delawaren und andere Algonkin sowie Irokesen); Indianer des Südostens (mit intensiver Maiskultur und hochentwickeltem Häuptlingstum, zum Teil Anfänge eines Staatswesens; zwischen Mississippi/Ohio und Atlantik/Golf von Mexiko; dazu gehören Cherokee, Muskogee, Creek und Natchez). Auf der Grundlage eines intensiven Bodenbaus entwickelten sich die mittelamerikanische und andinen Kulturen (Zerfall der Urgesellschaft, Entstehung von Staaten, zum Beispiel Aztekenreich, Staaten der Maya und Chibcha, Inkareich), die durch eines der größten Verbrechen der Weltgeschichte von den spanischen Eroberern in der 1. Hälfte des 16. Jahrhundert vernichtet wurden. Einteilung in 4 Gruppen: die Völker Nord- und Zentralmexikos (Chichimeken, Mixteken, Tarasken, Otomi, Huaxteken, Zapoteken, Azteken); die Maya und Quiché im östlichen Mexiko, Guatemala und angrenzenden Gebieten; die Völker des nördlichen Andenraumes und angrenzender Gebiete der mittelamerikanischen Landenge (Chibcha) und die Völker des zentralen Andenraumes (Ketschua, Aimará). Den Übergang zu den nicht sesshaften Indianer des südlichsten Andenraumes, der Pampas und Patagoniens bilden die Araukaner. Die wichtigsten Gruppen im übrigen Südamerika sind: Indianer des tropischen Waldlandes von Amazonien und Guyana (typischer Bodenbauer, aber auch Flussfischer und Jäger mit einer Kultur, wie sie am deutlichsten von den Aruak und Kariben repräsentiert wird; siehe auch Paño, Karajá); Indianer des brasilianischen Küstengebietes (wirtschaftlich-kulturell mit den Indianer des tropischen Waldlandes verwandt, zum Beispiel die Tupí-Guaraní); Indianer der Montaña (Gebirgswaldgebiet des östlichen Andenvorlandes Ekuadors und Perus; nehmen eine Zwischenstellung ein zwischen den Indianer des tropischen Waldlandes und den Indianer des zentralen Andengebietes, zum Beispiel die Jivaro); Indianer des Brasilianischen Berglandes (Sammler und Jäger mit gering entwickeltem materiellem Kulturbesitz, zum Teil extensiver Bodenbau; dazu gehören Ge, Aimore unter anderem); Gran-Chaco-Indianer, Pampasindianer und Patagonier entwickelten in verhältnismäßig junger Zeit (17./18. Jahrhundert) eine Reiteijäger-Kultur ähnlich dem nordamerikanischen Prärie-Indianertum. Andere Sammler-, Jäger- und Fischergruppen sind zum Beispiel Feuerländer und Bororo. Die Indianer wurden im Zuge der europäischen Kolonisation rücksichtslos dezimiert, zum Teil völlig ausgerottet wie die Indianer der Antillen (16. Jahrhundert) und die Feuerländer (20. Jahrhundert); andere Stämme wurden aus ihren ursprünglich Gebieten vertrieben und in Reservationen gepfercht (besonders in den USA). Die Schätzungen der Anzahl der Indianer zur Zeit der Entdeckung schwanken zwischen 8 und 40 Millionen Gegenwärtig leben in Nordamerika etwa 1,5 Millionen Indianer, in Mittelamerika und den Andenstaaten etwa 30 Millionen und im übrigen Südamerika (besonders Amazonien und Mato Grosso) etwa 500000. Dazu kommen etwa 40 bis 50 Millionen Mischlinge. Die soziale Lage der Indianer ist überall durch Rechtlosigkeit, Unterdrückung und Landmangel gekennzeichnet; lediglich in Mexiko und in jüngerer Zeit in Nikaragua haben sich ihre soziale Lage und kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten zum Teil gebessert.

Indianersommer: spätsommerliche Schönwetterperiode in Nordamerika; entspricht dem Altweibersommer in Mitteleuropa.

Indianersprachen: Sprachen der Ureinwohner Nord-, Mittel- und Südamerikas mit etwa 120 Sprachfamilien (nahezu 1000 Einzelsprachen). Viele Indianersprachen sind als Folge kolonialistische und imperialistische Ausrottungspolitik ausgestorben oder im Aussterben begriffen. Die wichtigsten Sprachfamilien sind in Nordamerika Eskimoaleutisch, Na-Dene, Hoka Sioux, Algonkin; in Mittelamerika Uto-Aztekisch, Tarasko, Maya; in Südamerika Karibisch, Chibcha, Arauka-Sprachen, Arawak, Aimara, Ketschua, Tupi-Guarani unter anderem.

Indianische Kunst: Älteste Belege für die indianische Kunst stammen aus Jäger- und Sammlerkulturen. In der indianischen Kunst Nordamerikas überwiegt die ornamentale Gestaltung der Gebrauchsgegenstände sowie die Zeichen- und Malkunst. Demgegenüber treten Plastik und Maskenkunst stark zurück. An der Nordwestküste Nordamerikas erreichen Plastik, Architektur und Zeichenkunst einen Höhepunkt. Die Kunst der Puebloindianer zeichnet sich durch eine komplizierte Ornamentik, charakteristische Masken, Puppen und eine hochentwickelte Juwelier- und Textilkunst aus. Die Bodenbauer Mittelamerikas und des Andengebietes brachten bedeutende Leistungen der sakralen Architektur und der Steinskulptur hervor. Bei den Bodenbauern des tropischen Waldlandes Südamerikas bestimmt eine typische Ornamentik Flechtkunst und Keramik. Tonplastiken, Masken und Federarbeiten erscheinen vielfach als stilisierte mythologische Darstellungen.