Hochdruckchemie

Hochdruckchemie: Wissensgebiet von den Stoffumwandlungen bei Drücken oberhalb 10 MPa (~100at) beziehungsweise als Höchstdruckchemie oberhalb 100 MPa. In der Technik liegt zur Zeit die obere Grenze für dauernd wirkende Drücke bei etwa 500 MPa; in Speziallaboratorien können in Volumina bis zu 1 ml 10000 MPa, punktförmig 50000 MPa und in Stoßwellen mehr als 100000 MPa erzeugt werden. Hohe Drücke begünstigen Reaktionen, die unter Volumenminderung ablaufen. Ammoniak, Methanol unter anderem werden bei 20 bis 30 MPa, Hochdruckpolyäthylen bei 100 bis 200 MPa und synthetische Diamanten bei 5000 MPa hergestellt. Bei höchsten Drücken verschwinden die Unterschiede zwischen den Aggregatzuständen; zwischenmolekulare Kräfte gehen in homöopolare und schließlich in metallische Bindekräfte über; Änderungen der physikalischen Eigenschaften, wie Dichte, Härte, Elastizität, Ionisation, elektrische Leitfähigkeit, treten ein. Zum Beispiel wird Stahl unter 1200 MPa Druck schmiegsam und zähflüssig; Quecksilber schmilzt unter dem gleichen Druck erst bei Raumtemperatur; unter 4000 MPa schmilzt Eis bei 220 °C; Schwefel wird bei 40000 MPa gut elektrisch leitend. Demgemäß laufen chemische Vorgänge bei höchsten Drücken, wie zum Beispiel im Erdinneren (etwa 10s bis 106 MPa) oder in Fixsternen (109 bis 1018 MPa) anders ab als auf der Erdoberfläche. Die höchsten unter irdischen Bedingungen durch Stoßwellen oder Explosionen erzeugbaren Drücke werden unter anderem zum Verschweißen von Metallen, die anders nicht schweißbar sind, benutzt. Die höchsten Drücke zerstören die gesamte Elektronenhülle der Atome, so dass die Materie dann aus einem Gemisch von Atomkernen und einem «entarteten» Elektronengas besteht («entartete Materie»).