Goethe

Goethe, Johann Wolfgang, 28.8.1749-22.3.1832, Dichter, kunsttheoretischer und naturwissenschaftlicher Schriftsteller; bedeutendster Repräsentant der klassischen deutschen Literatur. Goethe studierte 1765/68 in Leipzig, 1770/71 in Straßburg Jura, arbeitete anschließend als Jurist in Frankfurt am Main und Wetzlar. Nach dichterischen Anfängen im Stile der Anakreontik erkannte er unter dem Einfluss Herders die Bedeutung der Volkspoesie, Shakespeares und Homers für eine wirklichkeitsverbundene Dichtung. 1773/75 errang Goethe ersten literarischen Ruhm als Dichter des Sturm und Drang mit dem Drama «Götz von Berlichingen», dem Briefroman «Die Leiden des jungen Werthers» und Gedichten («Prometheus» unter anderem); diese Werke zeichnen sich durch gesellschaftskritische Züge aus und gestalten die freiheitliche Ideale der jungen bürgerlichen Intelligenz, zum Beispiel die freie Entfaltung einer Persönlichkeit. 1775 übersiedelte Goethe nach Weimar und übernahm im Herzogtum Staatsmann. Aufgaben. Im ersten Weimarer Jahrzehnt entstanden bedeutende Gedichte («An den Mond», «Grenzen der Menschheit», «Wanderers Nachtlied», «Erlkönig», «Ilmenau», «Das Göttliche» unter anderem). Der geringe Erfolg bei seinen Reformplänen und die spannungsreiche Liebe zu C. von Stein veranlassten Goethe zum Ausbrechen aus der ihn beengenden Welt. In Italien 1786/88 fand er zum künstlerischen Schaffen zurück; die Dramen «Iphigenie auf Tauris» und «Egmont» wurden beendet, es folgten 1789 «Torquato Tasso» und «Faust. Ein Fragment» (Vollendung «Faust I» 1806). Diese Werke markieren den Übergang Goethes zur klassischen poetologischen Konzeption, die in der Zusammenarbeit mit Schiller (1794/1805) sowie in den widerspruchsvollen Beziehungen zu Herder, Wieland, den Brüdern Schlegel und Humboldt, zu Fichte und Schelling gefestigt wurde. Vielseitiges fruchtbares literarisches Schaffen setzte ein. Im satirischen Tierepos «Reineke Fuchs» (1794) gestaltete Goethe den Niedergang der Feudalgesellschaft; 1796 vollendete er den klassischen deutschen Bildungs- und Erziehungsroman «Wilhelm Meisters Lehrjahre»; gemeinsam mit Schiller schrieb er 1796 «Xenien» gegen literarische Gegner und 1797 Balladen («Die Braut von Korinth», «Der Zauberlehrling» unter anderem); in der Idylle «Hermann und Dorothea» (1798) sind unter anderem Erfahrungen aus der Französischen Revolution verarbeitet. 1806 Heirat mit C. Vulpius. Im Roman «Die Wahlverwandtschaften» (1809) gestaltet er Probleme der bürgerlichen Ehe; 1811/33 erschien die Autobiographie «Dichtung und Wahrheit». Nach 1815 arbeitete Goethe an seinen großen Alterswerken, dem Roman «Wilhelm Meisters Wanderjahre» (1821/29), der gedanken- und gefühlstiefen Lyrik des «West-östlichen Divan» (1819), den «Maximen und Reflexionen» (1833) und an «Faust II» (1832). Goethes künstlerisches Schaffen widerspiegelt den Umbruch von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaftsordnung und vereinigt in sich die humanistischen Bestrebungen der zu seiner Zeit fortgeschrittensten Klasse. In seinen naturwissenschaftlichen Forschungen, in denen er sich der dialektischen Betrachtungsweise der Welt bediente, vermittelte Goethe auch der Wissenschaft wichtige Anregungen (Entdeckung des Zwischenkieferknochens beim Menschen 1784; «Die Metamorphose der Pflanzen», 1790; «Zur Farbenlehre», 1810; unter anderem).