Glas

Glas: (ursprünglich «Bernstein») harter, spröder Werkstoff, der amorph aus seiner Schmelze erstarrt. Glas hat keinen bestimmten Schmelzpunkt, sondern erweicht beim Erhitzen ab Eintritt in den Transformationsbereich (bei den meisten technischen Glassorten bei 500 bis 600 °C) und geht allmählich über einen zähflüssigen in den flüssigen Zustand über. Die meisten handelsüblichen Glassorten enthalten zahlreiche Komponenten, unter denen Siliziumdioxid, Si02, der Hauptbestandteil ist. Nach der Netzwerkhypothese von Zachariasen bildet Glas ein unregelmäßiges Netzwerk von Baueinheiten netzbildender Oxide, in deren Lücken sich beim technischen Glas Netzwerkwandler (Alkalien, Erdalkalien) befinden. Nach der Kristallit-Hypothese besteht Glas im Wesentlichen aus einer Aggregation hochdisperser Kristallite. Neuere Anschauungen lassen weitgehende Modifizierungen und Annäherungen beider Systeme auf der Basis mehr oder weniger ausgeprägter Entmischungen erkennen. Glas zeichnet sich durch seine Härte (Mohssche Härteskala 5 bis 7), Durchsichtigkeit, Korrosionsbeständigkeit, hohe Druckfestigkeit (600 bis 1200MPa), geringe Wärmeleitfähigkeit und Temperaturbeständigkeit bis 500 °C aus. Glas ist nicht brennend, wasser- und säureunlöslich. Die geringe Zugfestigkeit (-30 bis 80MPa) sowie die Sprödigkeit sind Ursache dafür, dass Glas leicht zerbrechlich ist. Glasrohstoffe sind Quarzsand (Siliziumdioxid), Soda oder Pottasche (für Alkalioxide), Kalk, Baryt oder Dolomit (für Erdalkalioxide), Mennige (für Bleioxid), Borsäure oder Borax (für Boroxid), Feldspat (für Tonerde und Alkalien) unter anderem; Rohstoffe für Trübglas sind außerdem Flussspat und Kryolith, für Farbglas Metalle und Schwermetalloxide oder Metallsulfide.

Glas: Herstellung; a Pressen, b Blasen, c Ziehen. Die feinkörnigen Rohstoffe werden nach Masseverhältnissen abgewogen, gemischt und als Gemenge in die (mit Gas, Öl oder elektrisch beheizten) Glasschmelzöfen eingelegt. Das Gemenge schmilzt bei etwa 1400 °C und bildet eine blasenreiche, inhomogene Masse, die geläutert (Läutern) werden muss. Die Läuterungstemperatur beträgt in der Regel bis 1500, bei Spezialgläsern bis 1650 °C. Nach Abstehen des Glases auf tiefere Arbeitstemperaturen wird es von Hand oder maschinell durch Blasen, Pressen, Ziehen, Walzen oder Gießen verarbeitet. Durch Blasen, zum Teil auch durch Pressen, werden Hohlglas und farbiges Tafelglas gefertigt; Ziehen wendet man bei der Herstellung von Glasröhren und Glasstäben sowie bei der maschinellen Produktion von Flachglas (Fourcault-Verfahren) an. Walzen von Glas in der Glaswalzmaschine führt zu dickem Flachglas (Walzglas). Gießen von optischem Glas erfolgt vorwiegend zu großen Platten, die nach dem Kühlen aufgeteilt werden. Die Hauptmenge des Glases wird halb- oder vollautomatisch verarbeitet; dazu dienen Glasblas-, Glaswalz-, Glasziehmaschinen und Pressen. Fast alle Glassorten müssen nach der Formung langsam abgekühlt werden, wozu besondere Kühlöfen nötig sind. Häufig werden Gläser durch Schliff-, Gravur-, Malerei-, Ätz- oder Strahldekore veredelt. Bei der technischen Weiterverarbeitung werden vom Glasbläser aus Glasröhren chemische und physikalische Apparaturen (zum Beispiel Kühlfer) gefertigt. Flachglas ist die Sammelbezeichnung für scheibenförmiges Glas (Tafelglas, Walzglas, Gussglas). Optischer Glas ist Glas von höchster Reinheit und verschiedener Zusammensetzung und wird verwendet für Fotogeräte, Brillen, Ferngläser, Lupen, Mikroskope, astronomische Geräte unter anderem Kronglas ist Glas mit relativ geringem Brechungsindex und kleiner Dispersion. Flintglas hat durch den Zusatz von Bleioxid hohe Lichtbrechung und große Dispersion. Durch Linsenkombinationen aus beiden Glasarten entstehen achromatische Systeme. Wasserglas ist ein durch Zusammenschmelzen von Sand mit Soda, Sulfat oder Kaliumkarbonat hergestelltes Produkt; es wird als Eierkonservierungsmittel, Binde- und Imprägnierungsmaterial verwendet. Für die künstlerische Verarbeitung ist Glas unter anderem wegen seiner fast unbegrenzten Formbarkeit ein beliebtes Material. Verschiedene Verzierungsmethoden beziehungsweise Produkte sind Laminieren (farbige Behandlung durch Mischen verschiedenfarbiger Glasmassen), Millefiori- oder Mosaikglas (verschiedenfarbige Glasstäbchen werden so zusammengeschmolzen, dass ihr Querschnitt ein Muster ergibt; einzelne Scheiben davon werden in farbloses Glas eingeschmolzen), Fadenglas (kreuzen sich die spiraligen Fäden, entsteht Netzglas), Überfangglas (farbloses Glas wird mit einer dünnen Schicht Farbglas überzogen), Emailglas (besondere Technik der Verarbeitung von Email) und Gold- oder Zwischengoldglas (das mit einer Blattgoldauflage versehene Glas wird mit einer dünnen Schicht farblosen Glases überschmolzen). Eine weitere Verzierungsmöglichkeit ist die mechanische Bearbeitung durch Schleifen (hauptsächlich für Ornamente) und Schneiden (seit dem 17. Jahrhundert), Reißen (mit dem Diamanten), Stippen oder Punktieren (Einhämmern der Zeichnung mit Stahlnadel oder Diamanten) und Ätzen (seit dem 17. Jahrhundert).

Glasbausteine, Glasprismen: als Voll- oder Hohlkörper im Guss- oder Pressverfahren hergestellte, lichtdurchlässige Bauelemente zur Schließung von Lichtöffnungen in Wänden oder für Oberlichter in Massivdecken.

Glasblasmaschine: halb- oder vollautomatisch arbeitende Glasverarbeitungsmaschine zur Herstellung von Hohlglaskörpern. Der in die Vorform angesaugte oder eingetropfte Glasposten wird durch Blasen oder Pressen vorgeformt und dann in der Fertigform mit Druckluft ausgeblasen.

Glaselektrode: Indikatorelektrode zur Messung von pH-Werten. Die Glaselektrode besteht aus einer sehr dünnwandigen, mit einer Lösung bekannten pH-Wertes gefüllten Hohlkugel aus Spezialglas, die in die zu messende Lösung eintaucht. In Quellschichten an den Glasoberflächen bilden sich pH-abhängige Potentiale aus, die über 2 Ableitelektroden gemessen werden können.

Glasen: früher übliches Anschlägen der Schiffsglocke, um halbe und volle Stunden während einer Wache (8 Glas = 4 Stunden) anzuzeigen. Die Bezeichnung geht auf die ursprünglich die halben Stunden anzeigende gläserne Sanduhr zurück.

Glasfaserstoffe: faser- und fadenförmige Glaserzeugnisse. Glasfasern sind Fadengebilde begrenzter Länge und haben einen Durchmesser zwischen 3 und 30 fim. Glasseiden sind endlose Glas- (Spinn-)Fäden, die meist aus 100 bis 200 Einzel- (Elementar-)Fasern bestehen; diese werden nach dem Düsenziehverfahren hergestellt. Rovings bestehen aus 60 Spinnfäden zu je 200 Elementarfäden. Glasfaservlies besteht aus Glasfaserwirrlagen, die mit einem organischen Bindemittel verklebt werden. Glaslaminate sind Glasfaserschichtstoffe, die als Glasfasermatten oder -gewebe mit Kunststoffen zu festen Bauteilen verbunden werden. Glaswatte (-wolle) ist ein aus Kurzfasern bestehendes Glasfasergewirr. Glasfaserstoffe finden in der Industrie in verschiedenen Verarbeitungsformen als Wärme- und Schalldämmmaterial, (Elektro-) Isolier- und Filtermaterial Verwendung. Textil verwendbare Glasfaserstoffe sind untrennbar und chemikalienbeständig; sie werden zu Dekorationsstoffen, Arbeitsschutzbekleidung unter anderem verarbeitet.

Glasfaserverstärkte Plaste: durch Kombination von Gießharzen (ungesättigte Polyester- oder Epoxidharze) mit Glasfasern (Stränge, Matten, Vliese, Gewebe) hergestellte Werkstoffe mit sehr guten mechanischen Eigenschaften. Die Harze härten bei geringem Druck oder drucklos bei mäßiger Wärme oder auch kalt ohne Abspaltung von Nebenprodukten aus. Die wichtigsten Verfahren sind Kontaktverfahren (manuelle Durchtränkung und Verdichtung von Glasfasermatten) für großflächige Formteile; Faser-Harz-Spritzen (geschnittene Glasfasern und Harz werden unter gleichzeitiger Vermischung im Luftstrom auf eine Form gespritzt) für Bootskörper, Karosserieteile, Auskleidungen und Isolierschichten; Formpressen auf Niederdruckpressen (mit vorimprägnierten Mattenzuschnitten) zum Beispiel für Schutzhelme; Wickelverfahren (mit Harz getränkte Glasfaserstränge werden lagenweise auf einen rotierenden Kern gewickelt) für Rohre und Behälter. Glasfaserverstärkung wird auch zunehmend für Thermoplaste angewandt.

Glashütte: Betrieb zur Herstellung und Verarbeitung von Glas; umfasst im engeren Sinne die Schmelze und Ausarbeitung des Glases, im weiteren Sinne werden aber auch die Veredlungsabteilungen dazu gerechnet.

Glasieren: (zu «Glas») Aufbringen des Glasurschlickers oder -pulvers auf keramischen Gegenständen.

Glaskeramik: mikrokristalliner Werkstoff, der durch gesteuerte Kristallisation aus bestimmten Gläsern erzeugt wird. Die Herstellung erfolgt durch Schmelzen eines vorwiegend aus Silizium-, Aluminium-, Magnesium-, Lithium- und Titanoxid bestehenden Gemenges. Die Schmelze wird nach der Glastechnologie geformt und erstarrt glasig; die anschließende Temperaturbehandlung bei etwa 800 °C, dann bei etwa 1100 °C, ergibt das kristalline Endprodukt, das sehr fest, oxydations- und temperaturwechselbeständig, elektrisch isolierend, je nach Zusammensetzung maschinell bearbeitbar, abrieb- und korrosionsfest ist. Glaskeramik wird für Kochgeschirr, Raketenspitzen, Astrospiegel, Verschleißteile, Außenwandverkleidungen, Isolatoren unter anderem verwendet. Die Entwicklung der Technologie und der Einsatzgebiete steht noch am Anfang. Handelsbezeichnungen der Erzeugnisse der Glaskeramik sind unter anderem Vitrokeramik, Sitall und Pyroceram (USA).

Glasmacher: Facharbeiter in einer Glashütte, der nach alter Arbeitsweise aus dem geschmolzenen Glas mit der Glasmacherpfeife durch Blasen oder Pressen während der Abkühlung einen Gegenstand formt.

Glasmalerei: Herstellung farbiger ornamentaler und gegenständlicher Glasbilder durch kombinierte Anwendung verschiedener Techniken. ursprünglich wurden verschieden gefärbte Glasstücke mosaikartig zusammengesetzt und mittels Bleiruten verbunden (musiv. Glasmalerei). Binnenzeichnung wurde erreicht durch Aufschmelzen von Schwarzlot, aus dem sich weitere Zeichnung herauskratzen ließ. Später wurden die Glasstücke farbig überzogen (Überfangglas). Die Entdeckung neuer, aufschmelzbarer Farben ermöglichte allmählich feinere Schattierungen, so dass die Glastafel ähnlich wie die Holztafel bemalt werden konnte («Kabinettscheiben» aus einem Stück). Früheste farbige Fenster sind aus dem 4. Jahrhundert bezeugt; Blütezeiten sind das 12./16. Jahrhundert in Frankreich und Deutschland; neu belebt in der Gegenwart bei der Ausgestaltung repräsentativer gesellschaftlicher Bauten.

Glasmehl: feingemahlenes Glas zur Herstellung von Glas- und Reibpapier für Zündstäbe.

Glassand: sehr eisenarmer, feinkörniger reiner Quarzsand für die Glasindustrie; bei Kristallglas unter 0,001 % Eisenoxidgehalt.

Glasschmelzwanne: Industrieofen zum Schmelzen von Glas; auf der einen Seite werden die Rohstoffe eingelegt, an das andere geschmolzene Glas entnommen. Die Beheizung erfolgt mit Gas oder Öl, jetzt vor allem elektrisch; die Schmelztemperatur liegt bei 1400 bis 1650 °C. Gas und Luft werden durch ein heißes Gitterwerk von Schamottesteinen auf etwa 1000 °C vorgewärmt.

Glasschneider: Gerät zum Ritzen oder Schneiden von Glas (zum Beispiel Diamantsplitter, gehärtete Stahlrädchen).

Glasschweißen: Verschmelzen von Gläsern oder Glas mit anderen Werkstoffen mittels Gasflamme oder elektrische Erwärmungsverfahren; hat an Bedeutung bei der Montage von Rohrleitungen gewonnen. Glasschweißen kann von Hand oder automatisiert vorgenommen werden.

Glasstahlbeton: Tragwerk (Glassteindecke) aus Stahlbetonrippen und Glasprismen.

Glastränen: verspannte Glastropfen, die bei Störung des Spannungszustandes (Abbrechen der Spitzen) detonierend zerspringen.

Glasur: (zu «Glas») 1. dünne, glasige Schicht auf keramischen Erzeugnissen; verleiht Glanz, verhindert Eindringen von Schmutz und Flüssigkeiten in poröse Scherben, schützt Unterglasurfarben und erhöht zum Teil die mechanische Festigkeit. Die Glasur enthält Sand, Tonerde und Flussmittel (Kalium-, Natrium-, Kalzium-, Magnesium- unter anderem Oxide), wobei sich die spezielle Zusammensetzung nach der Temperaturausdehnung des Scherbens richtet. Glasuren werden durch Feinmahlen der Rohstoffe hergestellt und in der Regel als wässrige Glasursuspensionen auf den zu glasierenden Gegenstand aufgetragen. Rohglasur enthalten natürliche wasserunlösliche Rohstoffe, die erst im Glasurbrand zu einer glasigen Masse schmelzen. Fritte Glasur bestehen vorwiegend aus bereits vorgeschmolzenen Fritten; sie werden auch als Schmelzglasur bezeichnet. Glasurspannungen entstehen infolge unterschiede Wärmedehnung zwischen keramischen Scherben und Glasur beim Abkühlen glasierter Keramikerzeugnisse, wobei geringe Druckverspannung der Glasur erwünscht ist, weil dadurch Festigkeitssteigerungen möglich sind. Zugspannungen führen dagegen zu Glasurrissen.

2. flüssig aufgebrachter, erhärtender Überzug aus Zuckerguss, Hartfett o. ä. auf Süß- und Backwaren.

Glaszement: nichthydraulische Bindemittel zum Verkitten der Stöße von Glasscheiben.