Geographie

Geographie: («Erdbeschreibung») Erdkunde: komplexe Wissenschaft (auch System der geographischen Wissenschaften), die unter natur- und gesellschaftswissenschaftlicher Aspekt die Erscheinungen an der Erdoberfläche (Erde, Geosphäre) hinsichtlich Lage, Struktur, Wechselbeziehungen, Entwicklung unter anderem untersucht. Sie wird in die beiden Hauptbereiche physischer und ökonomischer Geographie eingeteilt, zwischen denen enge Beziehungen bestehen. Diese Hauptbereiche sind wiederum in Teilgebiete gegliedert, von denen sich einige zu selbständigen Wissenschaften entwickelt haben. Die Zusammenführung der Erkenntnisse von physischer und ökonomischer Geographie ermöglicht die regionale Geographie, oft als Länderkunde bezeichnet. Die physische Geographie als Naturwissenschaft erforscht die Gesamtheit der Gegebenheiten der Erdhülle in ihren verschiedenen Sphären (Lithosphäre, Atmosphäre, Hydrosphäre, Biosphäre), die für die menschliche Gesellschaft das geographische Milieu darstellen. Zur allgemeinen physischen Geographie zählen die mathematische Geographie, die sich mit der Gestalt der Erde, der Erdmessung und der Orientierung auf der Erdoberfläche (geographische Ortsbestimmung) sowie mit den Gesetzmäßigkeiten der Erde als Himmelskörper befasst, die Geomorphologie (Lehre von der Entstehung und Umbildung der Formen der Erdoberfläche), die Klimatologie (Lehre vom Klima unter besonders Berücksichtigung der klimabildenden Prozesse), die Hydrographie (Gewässerkunde, befasst sich mit bestimmten Eigenschaften der Gewässer des Festlandes), die Ozeanologie (Meereskunde, befasst sich mit bestimmten Eigenschaften der Meere), die Bodengeographie (untersucht die Verbreitung der verschiedenen Bodenarten und -typen) und die Biogeographie (Pflanzengeographie und Tiergeographie, ermittelt die Gesetzmäßigkeit der Verbreitung von Pflanzen und Tieren auf der Erdoberfläche). Mit komplexen Einheiten auf der Erdoberfläche befasst sich die Landschaftskunde. Die regionale physische Geographie beschäftigt sich mit physisch-geographischen Problemen in den jeweiligen Ländern beziehungsweise Räumen.

Geschichtliches: Die Geographie zählt zu den ältesten Wissenschaften. Im Zuge ihrer Vervollkommnung haben sich im Laufe der Zeit aus ihr mehrere eigene Wissenschaften entwickelt. Bereits im Altertum wurde Geographie betrieben (Herodot, Ptolemäus, Strabo, Eratosthenes von Kyrene), wobei Messung und Dax-Stellung der Erde (Kartographie, Astronomie) sowie Reisebeschreibungen im Vordergrund standen. Im Mittelalter führte die kirchlich-dogmatische Orientierung in Europa zu einem Stillstand, während die Araber mit bedeutenden Geographen und Forschungsreisenden (Ibn Battuta) führend wurden. Durch sie kam das antike Erbe nach Europa. Hier nahm die Geographie im Zeitalter der großen geographischen Entdeckungen starken Aufschwung, besonders die Kartographie. Im 17. Jahrhundert begründete P. Clüver die historische Geographie, B. Varenius die allgemeine Geographie. Darauf folgte eine Zeit trockener, vorwiegend statistische Länderbeschreibungen (A. F. Büsching). Erst Anfang des 19. Jahrhundert begann mit A. von Humboldt und C. Ritter die eigentlich wissenschaftlich Geographie, als über Beschreibungen hinaus Zusammenhänge untersucht wurden. In Deutschland förderten diese Entwicklung vor allem F. von Richthofen, A. Penck und A. Rühl. Die bürgerliche Geographie brachte auch pseudowissenschaftliche Theorien hervor, die der Rechtfertigung imperialistischer Politik dienten (zum Beispiel die vom geographischen Determinismus abgeleitete Geopolitik).

Geographische Breite: Abstand eines Ortes der Erdoberfläche vom Äquator, in Grad auf dem Bogenstück des Ortsmeridians oder als Winkel zwischen Ortsmeridian und Äquatorebene gemessen.

Geographische Länge: Abstand eines Ortes der Erdoberfläche vom Nullmeridian (Greenwich), gemessen in östlicher oder westlicher Richtung in Winkelgrade auf dem jeweiligen Breitenkreis. Der Längenunterschied von 1° entspricht einer Differenz der wahren Ortszeit von 4 Minuten.

Geographische Ortsbestimmung: Lagebestimmung eines Punktes auf der Erdoberfläche nach geographischer Länge und Breite sowie Höhe über dem Meeresspiegel.

Geographischer Determinismus: bürgerliche soziologische Lehre, die dem geographischen Milieu beziehungsweise Einzelfaktoren (unter anderem Klima, Boden, Lage) den bestimmenden Einfluss auf Zustand und Entwicklung der Gesellschaft eines Territoriums zuschreibt; bildete wichtige Grundlage der Geopolitik. Im Zeitalter der geographischen Entdeckungen entstanden, war der geographische Determinismus im Frühkapitalismus zunächst ein progressiver Versuch, das Verhältnis zwischen Natur und Gesellschaft zu deuten. Im Kapitalismus als Mittel zur Rechtfertigung der Ausbeutung der Völker herangezogen, wurde der geographische Determinismus zu einer reaktionären Theorie. Er sollte die durch den wissenschaftlichen Sozialismus aufgedeckten Grundwidersprüche des Kapitalismus als «naturgegeben» verschleiern.

Geographisches Milieu: Gesamtheit der die menschliche Gesellschaft umgebenden Naturbedingungen, wie Relief, Klima, Gewässer, Böden, Bodenschätze, Flora, Fauna in ihren kausalen Zusammenhängen und in ihrer wechselseitigen Bedingtheit. Das geographische Milieu unterliegt in seiner Existenz und Entwicklung objektiv wirkenden Naturgesetzen, wird aber auch durch die menschliche Gesellschaft beeinflusst. Mit dem geographischen Milieu muss sich der Mensch ständig auseinandersetzen. Ihm entnimmt er die materielle Substanz zur Herstellung aller materiellen Güter der Gesellschaft; somit ist es eine der ständigen und notwendigen Bedingungen für das Leben der Gesellschaft. Das geographische Milieu übt auf die Entwicklung der Gesellschaft nicht den entscheidenden Einfluss aus, fördert oder hemmt diese aber. Dieser Einfluss verändert sich historisch in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse, die wiederum den Grad der Erforschung und der gesellschaftlichen Beeinflussung des geographischen Milieus bestimmen. Die allseitige rationelle Nutzung sowie der Schutz des geographischen Milieus sind heute eine wichtige Aufgabe der Gesellschaft (sozialistische Landeskultur).

Geohydrochemie: die Lehre von den chemischen Eigenschaften des (Grund-) Wassers und dessen Veränderungen durch Entnahme oder andere Einflüsse, zum Beispiel Eindringen mineralisierter Wässer aus der Tiefe oder verunreinigten Wassers von der Erdoberfläche aus.

Geohydrologie: Wissenschaft vom Grundwasser, die sich mit dem geologischen Auftreten, der Wasseraufnahme- und -abgabefähigkeit der Gesteine sowie der Wasserbeschaffenheit als Grundlage für die Erschließung und Gewinnung von unterirdischen Wässern befasst.

Geoid: Bezeichnung für die physikalisch definierte Erdfigur. Das Geoid verläuft in allen Punkten seiner Fläche genau senkrecht zur Lotrichtung und entspricht auf den Ozeanen der ungestörten Wasseroberfläche.

Geokosmogonie: Wissenschaft von der Entstehung der Erde.