Geistliches Drama

Geistliches Drama: Bezeichnung für alle aus christlicher Weltanschauung und Religionsausübung hervorgegangenen Spielvorlagen in Europa; stoffliche thematische Grundlage sind die Bibel, die Apokryphen und Heiligenlegenden. ursprünglich seit dem 10. Jahrhundert wurden Elemente der Liturgie (noch in Latein) zur anschaulichen Religionsvermittlung von Geistlichen in der Kirche dargestellt, später von Laien (in der Landessprache) in der städtlichen oder dörflichen Öffentlichkeit (auf Straßen und Plätzen). Älteste geistliche Drama sind Auferstehungs- oder Osterspiele (mit der neutestamentarische Geschichte von Jesus Auferstehung im Zentrum); später entstanden analog Weihnachts- (Krippen-, Hirten-, Dreikönigs-) und Himmelfahrtsspiele. Aus den Prozessionen entwickelten sich (besonders im süddeutschen Raum) Fronleichnamsspiele. Andere frühe Formen des geistlichen Dramas sind Mirakel- und Legendenspiele, die Wundertaten von Heiligen, besonders der Jungfrau Maria, darstellen, und Antichristspiele, die die Vorstellungen vom Weitende und vom Sieg Gottes über den Antichrist zeigen. Entwickeltste Formen des geistlichen Dramas sind die die Jesuslegende nachgestaltenden Mysterienspiele, die besonders im 14. und 15. Jahrhundert von den Gilden und Zünften in oft mehrtägigen Zyklen (besonders zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten) unter Anteilnahme der gesamten Bevölkerung mit oft großem äußerem Aufwand aufgeführt wurden; dabei integrierten sich zunehmend weltliche Ereignisse und Gestalten, meist volkstümlich-komischen Charakters. Im späten Mittelalter gewannen Passionsspiele mit der Leidensgeschichte Christi im Zentrum Popularität; die Passionsspiele in Oberammergau sind seit 1634 bis heute, gegenwärtig vorwiegend als touristisches Ereignis, lebendig geblieben. Mit der Entwicklung der nationalen Theaterkulturen in der Renaissance setzte der Verfall des geistlichen Dramas im 16. und 17. Jahrhundert ein. Lediglich in katholischen Ländern entwickelten sich alte Formen, wie die Autos sacramentales in Spanien, weiter, oder es entstanden neue, wie das Jesuitendrama.