Französische Revolution

Französische Revolution, Große Französische Revolution: bürgerliche Revolution 1789/95 in Frankreich, klassische und bedeutendste Revolution der aufsteigenden Bourgeoisie. Ihre Ursachen lagen in den sozialökonomischen und politischen Widersprüchen des ablösungsreifen Feudalsystems, die zum wachsenden Kampf des Dritten Standes (Bourgeoisie im Bündnis mit den Bauern) gegen die privilegierten Stände (Adel und hohe Geistlichkeit) führten. Sie wurde ideologisch vorbereitet durch die Aufklärung. Die alle Bereiche von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat erfassende Krise des Ancien Régime führte 1787/89 zur Herausbildung einer revolutionären Situation (drohender Staatsbankrott, ausgeprägte Agrar-, Gewerbe- und Handelskrise, außenpolitische Rückschläge, Bauernaufstände und Hungerunruhen in den Städten). Nachdem Versuche, den Zusammenbruch des Feudalabsolutismus durch Teilreformen aufzuhalten, am Widerstand der Aristokratie gescheitert waren, musste Ludwig XVI. die Generalstände einberufen. Sie traten am 5.5.1789 zusammen, der Dritte Stand erklärte sich am 17.6.1789 zur Nationalversammlung, die am 9.7.1789 in die Konstituante umgewandelt wurde. Gegen die Bestrebungen der Krone, die Feudalordnung durch Staatsstreich zu erhalten, erhob sich am 13.7.1789 das Volk von Paris, mit dessen Sturm auf die Bastille am 14.7. die Französische Revolution R begann. Danach griff die Revolution auf die Provinzstädte über (Munizipalrevolution) und auf das flache Land (Große Furcht), wo die Bauern mit der Beseitigung der Feudalordnung begannen. In der 1. Etappe der Revolution (14.7.1789/10.8.1792) war die Großbourgeoisie im Bündnis mit dem liberalen Adel (Mirabeau, Lafayette) an der Macht; Frankreich wurde konstitutionelle Monarchie. Zu den ersten Maßnahmen der Konstituante gehörten die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (26. 8.), die Nationalisierung der Kirchenländereien (2.11.), das Gesetz über die Assignaten (19.12.), die verwaltungsmäßige Neugliederung Frankreichs nach Departements (26.2.1790) und die Umwandlung der 60 Pariser Distrikte in 48 Sektionen (21.5.), die Abschaffung des Adels (19. 6.), die Verabschiedung der Zivilverfassung für den Klerus (12.7.1790) sowie die teilweise, die Masse der Bauern nicht befriedigende Abschaffung feudaler Lasten. Die Verfassung von 1791 war ihrem Inhalt nach Ausdruck der Kompromissbereitschaft der Spitzen der Bourgeoisie mit Adel und Krone: Gesetzgebung durch das auf der Grundlage des Zensuswahlrechts gewählte Parlament mit aufschiebendem königlichen Veto, keine politischen Grundrechte für die Mehrheit der Franzosen, Streik- und Koalitionsverbot für die Arbeiter. Nach dem Fluchtversuch des Königs (20./21.6.1791) nahm die republikanische Massenbewegung einen Aufschwung; sie wurde auf dem Marsfeld am 17.7.1791 im Blut erstickt. Gegen die Großbourgeoisie richtete sich die Agitation revolutionärer Klubs (Cercle social, Cordeliers, Jakobiner) und Volksgesellschaften. Zu den bedeutendsten Führern der Volksbewegung gehörten J. P. Marat, G. J. Danton und M. de Robespierre. Am 20.4.1792 begannen mit der Kriegserklärung an Österreich die Revolutionskriege gegen die europäische feudale Konterrevolution, die seit 1793 von Großbritannien unterstützt wurde. Der Sturm auf die Tuilerien (10.8.1792) und die Gefangensetzung des Königs durch die revolutionäre Kommune von Paris hatten die 2. Etappe der Revolution (10. 8.1792/2.6.1793) eröffnet. An die Macht kamen die Girondisten als Vertreter der republikanischen Handels- und Manufakturbourgeoisie. Der aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Konvent rief die Erste Republik aus (22. 9.1792). An den Fronten errangen die Revolutionsarmeen erste Siege (20.9.1792 Rückzug der Preußen nach der Kanonade von Valmy, 6.11.1792 Sieg über die Österreicher bei Jemappes). Das politische Versagen der Girondisten bei der Organisierung des inneren und äußeren Schutzes der Revolution führte zum Bruch zwischen ihnen und den Jakobinern, zu einer militärischen Gefährdung Frankreichs im Frühjahr 1793 und zum Ausbruch eines großen royalistischen Bauernaufstandes in der Vendée. An der Spitze der weiterdrängenden Pariser Volksbewegung gegen die inkonsequente girondistische Politik und gegen die Konterrevolution standen die Enragés unter J. Roux, J. Varlet und T. Leclerc mit ihren Forderungen nach Festpreisen und revolutionärem Tenor gegen alle Feinde der Revolution. Unterstützt von den Sektionen von Paris, führte der Volksaufstand vom 31. 5. bis 2. 6.1793 zum Sturz der Gironde Herrschaft, deren führende Politiker (unter anderem J. P. Brissot) verhaftet und später hingerichtet wurden. Damit begann die 3. Etappe der Revolution (2.6.1793/27. 7.1794); in ihr wurde der Sieg der Revolution entschieden, die Bergpartei führte die Revolution auf den Höhepunkt. Die politische Macht lag in den Händen der Jakobiner; ihre Hauptbündnispartner waren die Bauernschaft und insbesondere die städtlichen Sansculotten, deren politische und soziale Interessen sie zum Teil berücksichtigten. Die Maßnahmen der Revolutionsregierung zur Rettung, Vertiefung und Vollendung der Revolution erreichten mit der Übernahme von Grundforderungen der Volksbewegung (Volksaufgebot, Systematisierung des physischen Terrors gegen Konterrevolutionäre, Schieber und Spekulanten, Einführung eines allgemeinen Maximums für Preise und Löhne) und in der Errichtung der revolutionär-demokratischen Jakobinerdiktatur (Oktober/ Dezember 1793) ihren Höhepunkt. Alle Regierungsgewalt war im Wohlfahrtsausschuss konzentriert, der sich auf den Jakobinerklub und örtlichen Revolutionskomitees sowie Volksgesellschaften stützte. Durch die Agrargesetze des Konvents vom Juni und Juli 1793 waren die Grundlagen des Feudalismus endgültig beseitigt und die Bauern an der Verteidigung der Revolution interessiert worden. Die bürgerlich-demokratische Verfassung vom 24.6.1793, die unter anderem das Recht auf Arbeit und Bildung anerkannte, musste wegen der innen- und außenpolitische Entwicklung unmittelbar nach ihrer Verkündung (10. 8.) ausgesetzt werden. Energisch bekämpfte die Jakobinerdiktatur die innere und äußere Konterrevolution. Mit der Niederwerfung des Aufstandes in der Vendée (Dezember 1793) und dem Sieg über die Österreicher bei Fleuras (26.6.1794) verlor die Jakobinerdiktatur ihre historische Funktion. Das jakobinische Zentrum um Robespierre, L. A. de Saint-Just und G. Couthon zerschlug sowohl den linken Flügel (Hébertisten) als auch den gemäßigten (Dantonisten). Es guillotinierte die Anführer beider Gruppen und isolierte sich damit von der Bourgeoisie wie von den Volksmassen. Gegen die Versuche Robespierres, der Jakobinerdiktatur eine neue Basis zu schaffen, bildete sich eine Verschwörung revolutionsmüder bürgerliche Kräfte; sie organisierte seinen Sturz am 9. Thermidor (27.7.) 1794. Mit der Hinrichtung Robespierres und seiner führenden Anhänger (28./29.7.1794) begann der Abbau der demokratischen und sozialen Errungenschaften der Revolution (4. Etappe der Revolution, 27.7.1794/3.11.1795). Dagegen erhob sich das Volk von Paris 1795 in den Aufständen vom Germinal und Prairial, die von der Nationalgarde und Militär unterdrückt wurden. Mit der Machtübernahme durch das Direktorium (3.11.1795) erfolgte die Errichtung der «reinen Bourgeois Herrschaft». Die weltgeschichtliche Bedeutung der Französischen Revolution besteht besonders darin, dass sie in Frankreich die feudalen Produktionsverhältnisse beseitigte, eine bürgerliche Gesellschaftsordnung errichtete und auf dem europäischen Kontinent die Periode des Aufstiegs und des Sieges des Kapitalismus einleitete.