Episches Theater

Episches Theater: Gestaltungsmethoden und Formen der Theaterarbeit und Dramatik, die in Anwendung von Prinzipien der marxistisch-leninistischen Weltanschauung auf das Theater seit den 20er Jahren des 20. Jahrhundert insbesondere von B. Brecht entwickelt wurden. Das Publikum soll zu bewusstem Erleben geführt werden (das heißt zu kritischen Interesse, das Vergnügen und emotionales Beteiligt sein einschließt), Einsichten in gesellschaftlicher Gesetzmäßigkeiten gewinnen und Impulse zu gesellschaftlichem aktivem Verhalten entwickeln. Hauptmethode ist die Verfremdung, die Bekanntes als «befremdlich» darstellt; der damit erreichte Verfremdungseffekt lässt gesellschaftliche Realitäten als veränderbar begreifen. Die Mittel der Verfremdung beziehen sich sowohl auf Stücke (a) als auch auf die theatralische Darstellung (b):

a) besondere «offene» Struktur, die die (klassizistischen) Begrenzung des zeitlichen Ablaufs, der Handlungsorte und der Handlungsführung (auf lineare Kausalität) durchbricht und die Gestaltung historische Prozesse und großer gesellschaftliche Zusammenhänge ermöglicht; Einbeziehung kommentierender Elemente (Songs, dokumentarische Material und so weiter);

b) epische Spielweise, die der einfachen Einfühlung der Zuschauer in die Gestalten entgegenwirkt und häufig artistische Elemente betont (erzählendes Arrangement, eigenständige Funktion von Bühnengestaltung, Pantomime, Musik, Gesang). Das epische Theater hat reiche Beziehungen zu Traditionen des internationalen Theaters und der Dramatik verschiedener Länder. Theorie und Praxis des epischen Theaters erfuhren besonders durch das Berliner Ensemble ihre Ausprägung und Weiterentwicklung. Das epische Theater hat Einfluss auf das Schaffen vieler zeitgenössischer Theaterleute (zum Beispiel G. Strehler in Italien, R. Planchón in Frankreich, J. Ljubimow) und Dramatiker (zum Beispiel F. Dürrenmatt, P. Weiss, J. Arden).

Episch: (griechisch) erzählend, berichtend; siehe auch Epik.