Drehen

Drehen: 1. Fertigungstechnik: spannendes Fertigungsverfahren zur Herstellung von rotationssymmetrischen Innen- und Außenflächen vorgefertigter Teile (meist durch Ur- oder Umformen) mit kreisender Schnittbewegung und stetiger Vorschubbewegung des ständig im Eingriff befindliche Werkzeugs. Beim Längsdrehen erfolgt die Vorschubbewegung in axialer, beim Plan- und Einstechdrehen in radialer Richtung. Das Kegeldrehen ist eine Abart des Längsdrehens, bei dem der Meißel eine Längsbewegung ausführt, die um den halben Kegelwinkel zur Achse des Werkstücks geneigt ist. Formdrehen wird mit Formdrehmeißeln ausgeführt (zum Beispiel Gewindeschneiden). Nachform- (Kopier-) Drehen ist ein spezielles Drehverfahren, bei dem ein Musterstück (Prototyp) als Vorlage dient und «nachgeformt» wird (Anwendung besonderer Nachformdrehmaschinen oder Nachformaggregate auf Universaldrehmaschinen). Mehrkant-Hinterdrehen werden mit besonders Zusatzeinrichtungen oder Sonderdrehmaschinen ausgeführt. Feindrehen ist ein sehr genaues Verfahren, das höchsten Qualitätsansprüchen genügt. Dazu sind Feindrehmaschinen erforderlich, die mit hohen Schnittgeschwindigkeiten, geringen Vorschüben und Schnitttiefen arbeiten. Revolverdrehen erfolgt auf speziellen Revolverdrehmaschinen (für Herstellung größerer Stückzahlen), Automatendrehen wird für sehr hohe Stückzahlen angewendet. Standardwerkzeug ist der einschneidige Drehmeißel mit Schaft aus Baustahl und dem gelöteten beziehungsweise geklemmten (Klemmhalter) Schneidenteil vorwiegend aus Hartmetall, aber auch aus Schneidkeramik oder superharten Schneidstoffen; hergestellt in vielen Ausführungen für verschiedene Werkstückformen und Drehverfahren.

2. Filmtechnik: ursprünglich das Drehen der Kurbel der handgetriebenen Bildaufnahmekamera, heute allgemein die Aufnahme (auch Gesamtherstellung) eines Films oder von Filmteilen.

3. Silikattechnik: Formgebungsverfahren für plastische Massen. Beim Freidrehen werden runde Gefäße auf der Töpferscheibe freihändig aufgedreht. Beim Eindrehen werden Becher unter anderem Hohlkörper mit Hilfe von Gipsformen und Stahlschablonen auf der Drehspindel geformt. Teller- und Becherautomaten benutzen das Rollerprinzip, wobei das äußere beziehungsweise innere Profil durch den Rollerkopf (Vollschablone) geformt wird. Abdrehen ist für die Herstellung von Isolatoren aus lederhart getrockneten Hubeln geeignet, wobei die überschüssige Masse mit einer Drehschlinge herausgearbeitet wird.

Drehfeld: mit einer bestimmten Winkelgeschwindigkeit in einem Gerät oder einer elektrischen Maschine rotierendes Magnetfeld. Besondere Bedeutung hat das kreisförmige Drehfeld, das mit konstanter Amplitude und Winkelgeschwindigkeit in Drehfeldmaschinen, vorwiegend in Drehstrommaschinen, umläuft. Ein Drehfeld entsteht durch Speisung von (im einfachsten Fall) 3 räumlich um 120° versetzten Spulen durch 3 zeitlich um 120° gegeneinander phasenverschobene Wechselströme sowie auch bei Rotation eines Dauer- oder Elektromagneten.

Drehfläche, Rotationsfläche. Fläche, die durch Drehung einer ebenen Kurve um eine in ihrer Ebene liegende Gerade a, die Achse, entsteht. Sie wird von jeder a enthaltenden Ebene in einem Meridian und von jeder zu a orthogonalen Ebene in einem Parallel- oder Breitenkreis geschnitten. Die Drehfläche umschließt einen Dreh- oder Rotationskörper.

Drehflügelflugzeug, Drehflügler, Rotorflugzeug: Fluggerät, bei dem Auf- und Vortrieb nicht durch Tragflächen, sondern überwiegend oder ausschließlich von einem in der Waagerechten umlaufenden Drehflügel (Rotor) bewirkt werden. Der Hubschrauber ist als bedeutendes Drehflügelflugzeug am weitesten entwickelt und verbreitet. Er hat entweder einen Rotor und eine das Drehmoment ausgleichende Heckschraube oder 2 koaxiale Rotoren. Seine Vorzüge bestehen darin, dass er senkrecht starten und landen, am Ort verharren und sich um die eigene Achse drehen kann. Verbundhubschrauber haben zusätzlich eine Hilfstragfläche. Verwandlungshubschrauber (Convertiplan) nehmen eine Stellung zwischen Drehflügelflugzeug und Starrflügler ein. Flugschrauber haben zusätzliche Luftschrauben zur Vergrößerung des Vortriebes (Entwicklung eingestellt). Kombinationsflugschrauber sind Flugschrauber mit zusätzlicher Hilfstragfläche, die im Horizontalflug den überwiegenden Teil des Auftriebs liefert (der Rotor, der von der anströmenden Luft angetrieben wird, liefert den restlichen). Der Tragschrauber (Autogiro) ist mit Luftschraubentriebwerk für die Erzeugung des Vortriebes und mit einer Tragschraube (Drehflügel) ausgerüstet, die von der anströmenden Luft angetrieben wird. Siehe auch Autorotation.

Drehgestell: 2- oder mehrachsiges Fahrgestell von Schienenfahrzeugen, das den Wagenkasten trägt und sich um eine senkrechte Achse drehen kann; ermöglicht gute Federung, ruhigen Lauf und bessere Laufgüte in Gleiskrümmungen.

Drehimpuls, Impulsmoment: in der Mechanik eines Massenpunktes das Vektorprodukt. Für den um eine feste Achse rotierenden starren Körper ist die Drehimpulskomponente L in Richtung der Drehachse das Produkt aus Trägheitsmoment J um diese Achse und Winkelgeschwindigkeit ö des Körpers: L = Ja. Die Ableitung des Drehimpulses nach der Zeit ist dem resultierenden Kraftmoment aller äußeren Kräfte gleich. Greifen an einem mechanischen System keine äußeren Kräfte an (abgeschlossenes System), so ist der Drehimpuls zeitlich konstant (Erhaltungssatz des Drehimpulses, Drehimpulssatz). Siehe auch Flächensatz.

Drehkolbengebläse: Gebläse in Drehkolbenbauart zur Förderung von Gasen. entsprechend den Bauarten werden Roots-, Jäger-, Enke-, Zellen- und Schraubengebläse unterschieden. Die Förderströme betragen 40 bis 15000 m3/h.

Drehkolbenmotor, Kreiskolbenmotor: Kolbenmotor mit hoher Drehzahl, dessen Kolben eine rotierende Bewegung vollführt. Die Kolbenform weicht von der des Hubkolbens ab (polygonartiger Querschnitt). Drehkolbenmotoren arbeiten mit einem Kolben oder mit einem Kolbenpaar. Der Wankelmotor ist ein ventilloser Verbrennungsmotor mit 3 Zylinderräumen und Schlitzsteuerung. Vorteile des Drehkolbenmotor sind unter anderem wenig Motorbauteile, keine oszillierenden Massen und kleine Leistungsmasse.

Drehkondensator: Kondensator mit stetig veränderbarer Kapazität. Der Drehkondensator besteht aus einem feststehenden und einem davon isolierten drehbaren metallischen Plattenpaket; Anwendung zum Beispiel im Rundfunkempfänger zur Abstimmung.

Drehkrankheit, Coenurose: eine weltweit verbreitete parasitäre Gehirnerkrankung bei Schafen. Die Finne des Hundebandwurmes verursacht durch Druck auf das Großhirn Zwangsbewegungen (Manege-Traberbewegungen) bei den Tieren.

Drehkreis: Schifffahrt Bahn, die der Schiffsschwerpunkt nach einer Geradeausfahrt vom Moment eines bestimmten Ruderausschlages an oder bei einseitigem Schiffsschraubeneinsatz beschreibt. Unter Wirkung der Ruderkräfte dreht das Schiff und fahrt in eine Kreisbahn ein. Drehkreismanöver werden besonders zur Beurteilung der Drehfähigkeit von Schiffen ausgeführt, wobei auch oft die Stabilitätsbeanspruchung (zum Beispiel Krängung) im Drehkreis von Interesse ist.

Drehkristallverfahren, Braggsche Methode (nach W. L. Bragg): Verfahren zur Untersuchung der Kristallstruktur von Einkristallen durch Beugung von monochromatischer Röntgenstrahlen beziehungsweise zur Wellenlängenbestimmung von Röntgenstrahlen mit einem Kristall bekannter Gitterkonstanten. Der Einkristall wird während der Bestrahlung um eine Achse senkrecht zum einfallenden Strahl gedreht, wobei als Drehachse eine kristallographische Achse gewählt wird. Auf dem zylinderförmig um den Einkristall angebrachten fotografischen Film entstehen schwarze parallele Geraden, aus deren Abstand der Atomabstand in Richtung der Drehachse bestimmt werden kann.

Drehmagnetinstrument: robustes Messinstrument für elektrische Gleichströme und -Spannungen, bei dem ein drehbar gelagerter Dauermagnet im Feld einer stromdurchflossenen Spule ausgelenkt wird. Anwendung zum Beispiel in Fahrzeugen.

Drehmelder: Geber und Empfänger für die Fernmessung und -Übertragung von Drehmomenten, Drehwinkeln oder Informationsgrößen. Bei ungleicher Läuferstellung entstehen in den Ständerwicklungen der zur Drehmelderkette zusammengeschalteten Geber und Empfänger Ströme, die ein Drehmoment und damit ein Nachdrehen des Empfängers hervorrufen. Nach Aufgabe unterscheidet man Drehmomentdrehmelder, Steuerdrehmelder und Differentialdrehmelder. Angewendet werden Drehmelderketten zum Beispiel für die Lageanzeige von Schiffs- und Flugzeugrudern, Schleusentoren.

Drehmomentwandler: Getriebe zur Wandlung eines eingegebenen Drehmoments (Input) in ein abgegebenes Drehmoment (Output), wobei sich die Drehmomente umgekehrt proportional zu den entsprechend Drehzahlen verhalten. Diese Wandlung ist stets mit Energieverlusten verbunden.

Drehorgel, Leierkasten-, transportable Kleinorgel mit Zungenpfeifen oder Flöten; eine Kurbel betätigt gleichzeitig den Blasebalg und die Walze mit Metallstiften, die die entsprechend Pfeifenventile öffnen und schließen; besonders im 19. Jahrhundert bei Bettlern und Bänkelsängern gebräuchlich.

Drehpunkt: von B. Brecht geprägter dramaturgische und schauspielmethodische Begriff, der einen entscheidenden Wendepunkt in der dramatischen Handlung, in der Entwicklung einer Figur oder im Verlauf einer Szene bezeichnet.

Drehrohrofen: kontinuierlich arbeitender metallischer Ofen, der ein langes zylindrisches Gefäß darstellt, das um eine schwach zur Horizontalen geneigte Achse gedreht wird. Das an der oberen Seite zugeführte Beschickungsgut durchläuft den Ofen infolge dessen Neigung und Rotation. Die Heiz- beziehungsweise Reaktionsgase werden im Gegen- oder Gleichstrom zum Reaktionsgut geführt. Der Drehrohrofen wird verwendet zum Trocknen von feuchtem, körnigem Gut, zum Rösten, zur thermischen Aufbereitung, zur Eisenschwammherstellung unter anderem.

Drehrostgenerator: kontinuierlich arbeitender Reaktor zur Vergasung von Kohle oder Koks. Ein senkrechter, geschlossener Schacht mit Gasableitung taucht in eine sich drehende Wassertasse. Diese ist fest mit einem Rost verbunden, auf dem die Kohle liegt und durch den Luft beziehungsweise Wasserdampf geblasen wird. Durch die Drehung wird laufend der Koks geschürt und die Asche ausgetragen.

Drehscheibe: Anlage zum Umsetzen und Wenden von Schienenfahrzeugen. Eine brückenartige Stahlkonstruktion dreht sich in einer Grube um einen Zapfen (Königsstuhl) und wird an den Enden durch auf Schienen laufende Räder gestützt. Die Einheitsdrehscheibe der Deutschen Reichsbahn hat 23 oder 26 m Durchmesser.

Drehsinn, Umlaufsinn-, in der Geometrie eine bestimmte Drehrichtung. Der positive Drehsinn in der ebenen Geometrie ist der Uhrzeigerdrehung entgegengerichtet.

Drehspiegelung: Geometrie Bewegung im Raum, bestehend aus einer Drehung um eine Gerade und einer Spiegelung an einer dazu orthogonalen Ebene.

Drehspulinstrument: Messinstrument für elektrische Gleichströme und -Spannungen. Im Feld eines Dauermagneten wird eine drehbar gelagerte Spule durch den zu messenden Strom ausgelenkt, 2 Spiralfedern bilden die Stromzuführungen und liefern das Gegendrehmoment. Bei homogenem Magnetfeld ist die Skale linear geteilt. Wegen des geringen Leistungsverbrauchs wird das Drehspulinstrument sehr häufig verwendet. Siehe auch Dreheiseninstrument, Vielfachmessgerät.

Drehsteife, Direktionsmoment, Richtmoment: für kleine Torsionen, das heißt Verdrillung von Stäben oder Drähten, der Proportionalitätsfaktor D zwischen dem Betrag des rücktreibenden Kraftmoments M und dem Drehwinkel.

Drehstoßtechnik: Kugelstoßtechnik, die eine Kombination der Diskuswurf- und der O’Brien Technik darstellt. Die Kugel, die sich entsprechend den Wettkampfregeln am Hals des Sportlers befindet, erhält während der Drehung eine höhere Geschwindigkeit (Vorteil), es erhöht sich aber damit auch die Schwierigkeit der Ausführung (Nachteil).

Drehstrommaschine: elektrische Maschine zur Umwandlung mechanischer Leistung in elektrischer Drehstromleistung (Drehstromgenerator) oder umgekehrt (Drehstrommotor). Wichtigste Bauformen sind Asynchron- und Synchronmaschine.

Drehung: 1. Garnherstellung: Vorgang, bei dem alle im Querschnitt eines Bändchens liegenden Fasern schraubenförmig um die Garnmittellinie (Längsachse) gedreht werden. Die auf 1 m bezogene Anzahl Drehungen wird als Drehungszahl bezeichnet. Z- beziehungsweise S- Drehung liegt vor, wenn bei senkrecht gehaltenem Faden die Faserrichtung dem Schrägstrich des Buchstabens Z beziehungsweise S entspricht.

2. Drehung, Rotation (lateinisch): Geometrie - Bewegung in einer Ebene, bei der genau ein Punkt, das Drehzentrum, fest bleibt, und Bewegung im Raum, bei der genau eine Gerade, die Drehachse, punktweise festbleibt. Jeder Drehung ist ein Winkel als Drehwinkel derart zugeordnet, dass bei der Drehung einer seiner Schenkel in den anderen übergeht.

Drehvermögen, optisches: Eigenschaft von Stoffen mit optischer Aktivität, die Schwingungsebene linear polarisierten Lichtes zu drehen. Das optische Drehvermögen kann zur Konzentrationsmessung bei Lösungen dienen (zum Beispiel Sacharimeter).

Drehwaage, Torsionswaage: empfindliches Gerät zur Messung abstoßender oder anziehender Kräfte; besteht aus einem leichten Waagebalken, der an einem dünnen Torsionsdraht waagerecht aufgehängt ist und an den Enden jeweils eine kleine Massekugel trägt. Ein äußeres Drehmoment bewirkt eine Drehung des Waagebalkens, der die Torsion des Drahtes entgegenwirkt. Die Drehwaage von H. Cavendish (1798) diente zur Messung der Gravitationskonstanten, die Drehwaage von L. Eötvös (1894) zum Nachweis der Gleichheit von schwerer und träger Masse sowie zu gravimetrischen Messungen, die Drehwaage von C. A. de Coulomb (1785) zur Messung elektrischer Kräfte.

Drehwuchs: Wuchsform bei Holzgewächsen; die Holzfasern verlaufen nicht parallel sondern spiralig zur Stammachse (meist linksdrehend). Drehwuchs tritt bei allen Baumarten, aber mit unterschiedlicher Intensität auf; er mindert die Qualität des Holzes und schränkt die Verwendungsmöglichkeiten ein.

Drehzahlverhalten: Art der Drehzahländerung in Abhängigkeit vom Belastungsmoment bei einem (Elektro-) Motor. Unterschieden werden synchrones Drehzahlverhalten (konstante Drehzahl), Nebenschlussverhalten (geringer Drehzahlabfall) und Reihenschlussverhalten (starker Drehzahlabfall).