Deutsche Musik

Deutsche Musik: Die wenigen Quellen lassen vermuten, dass bei den germanischen Stämmen Musik zu magischen Zwecken sowie Arbeits- und Kriegsgesänge vorhanden waren. Vom 9. Jahrhundert an gibt es Berichte über Volkslieder, doch stammen die ältesten Handschriften (Carmina Burana, Jenaer Liederhandschrift, Lochamer sowie Glogauer Liederbuch unter anderem), die zum Teil auch ohne Aufzeichnung der Melodien sind, erst aus dem 13./15. Jahrhundert.

Die liturgische Musik folgt der allgemeinen Entwicklung in Mittel- und Westeuropa. Vom 9. Jahrhundert an sind geistliche Hymnen, Sequenzen und Tropen überliefert, für deren Entwicklung die Benediktinerklöster (St. Gallen, Reichenau) und Mönche wie Notker Balbulus und Tuotilo wichtig waren. Die Mehrstimmigkeit wurde nur zögernd übernommen; vom 13. Jahrhundert an liegen polyphone Kompositionen vor.

Zwischen 1200 und 1400 blühte als Ausdruck ritterlichen Ideals der Minnesang, der von den französischen Troubadours und Trouvères beeinflusst wurde und durch fahrende Spielleute Auffrischung aus dem Volkslied und der dörflichen Tanzmusik erhielt (Walther von der Vogelweide, Neidhart von Reuenthal, später Heinrich von Meißen, Oswald von Wolkenstein unter anderem).

Im 14. Jahrhundert entstand mit dem Erstarken des bürgerlichen Selbstbewusstseins in den Städten der von den Handwerkern zunftmäßig organisierte Meistergesang (unter anderem M. Behaim, H. Rosenplüt, H. Folz, H. Sachs), dessen ästhetische Qualität durch starre Regeln sehr begrenzt blieb und der im 16. Jahrhundert rasch verfiel. An den Höfen (München, Innsbruck) und in den Städten entfaltete sich seit dem 15. Jahrhundert eine kunstvolle mehrstimmige Musik, die sowohl den geistlichen (Messen, Motetten) wie auch den weltlichen Bereich (mehrstimmiges Lied, Madrigal) erfasste. Dabei wirkten ausländische (die Niederländer H. Isaac, O. di Lasso, der Italiener A. Scandello unter anderem) und einheimische (deutscher, schweizerischer, österreichischer) Musiker (H. Finck, L. Senfl, P. Hofhaymer, G. Rhau unter anderem) in gleicher Richtung. Das von M. Luther geforderte, vom Volkslied beeinflusste Reformationslied gab als Choral der geistlichen Musik neue Impulse. Lieder aus dem Bauernkrieg sind nur fragmentarisch überliefert. Eine städtliche Musikpflege erfolgte durch Schulchöre (Kruzianer, Thomaner) und fahrende Spielleute, die nach und nach als Ratsmusikanten in Dienst genommen wurden. Der soziale Status dieser Musikanten (Stadtpfeifer, Kunstgeiger) war (auch im Vergleich zu den Höfen sowie zu militärischen Trompetern und Paukern) überaus differenziert. Ende des 16. Jahrhundert standen in der mehrstimmigen Musik 2 Richtungen gegenüber: eine traditionell polyphone (J. Eccard, L. Lechner unter anderem) und eine italienisch orientierte (H. L. Haßler, später J. H. Schein und S. Scheidt). Eine selbständige Instrumentalmusik entwickelte sich seit dem 15. Jahrhundert zuerst als Orgelkunst (K. Paumann, F. Hofhaymer, S. Scheidt unter anderem), dann für die Laute, die zugleich wichtigstes Instrument für die Hausmusik wurde (H. Judenkünig, H. Newsidler). Nach anfänglicher Übernahme von Vokalformen entstanden eigenständige Instrumentaltypen (Fantasie, Ricercar, Variation, Kanzone, Sonate, Concerto unter anderem). Nach 1600 erlebte die instrumentale Tanzsuite eine Glanzzeit (H. L. Haßler, M. Praetorius, P. Peuerl, M. Franck). Dieser Aufschwung wurde durch den Dreißigjährigen Krieg stark eingeschränkt und mancherorts völlig unterbrochen.

Die überragende Persönlichkeit der deutschen Musik des 17. Jahrhundert war H. Schütz, der während des Dreißigjährigen Krieges als Schöpfer geistlicher und weltlicher Werke (Madrigale, Motetten, geistliche Konzerte, Choralpassionen unter anderem) sowie als Organisator des Musiklebens vorbildlich wirkte. Schütz verband vielfältige Anregungen aus Italien mit der deutschen Tradition und beeinflusste damit die weitere Entwicklung. Neben ihm wirkten unter anderem A. Hammerschmidt, H. Albert und A. Krieger als bedeutende Liedkomponisten. Die Orgelmusik (Toccata, Fuge) wurde von S. Scheidt, D. Buxtehude, der neue Klavierstil von J. J. Froberger, J. C. F. Fischer, J. K. Kerll entwickelt. N. A. Strungk und I. F. Biber forderten die Violinmusik. Die Orchestermusik (Suite, Concerto grosso) wurde außer an den Höfen vor allem von Studentischen Collegia musica gepflegt. Während sich in den Residenzen seit etwa 1660 die italienische Oper (mit italienischen Operntruppen) ausbreitete, entwickelten sich in den großen Handelsstädten (1678 Hamburg, 1693 Leipzig) deutsche Operntheater mit zum Teil deutschsprachigen Werken (J. S. Kusser, R. Keiser, G. P. Telemann) als Ausdruck bürgerlichen Selbstbewusstseins.