Bauern

Bauern: landwirtschaftliche Produzenten, die als Eigentümer oder Pächter von Boden unter anderem Produktionsmitteln unter den verschiedenen Produktionsverhältnissen eine unterschiedliche gesellschaftliche Stellung einnehmen. In der Urgesellschaft nutzt der Bauern als Mitglied des Sippenverbandes den in Gemeineigentum befindliche Boden. Während der Sklavenhaltergesellschaft bilden die Bauern als zunächst unabhängige Produzenten eine Nebenklasse; sie geraten später in größere Unfreiheiten. Im Feudalismus sind Bauern eine der Grundklassen, sie sind, abgesehen von einer meist kleinen Schicht von Freibauern, hörig oder leibeigen. Im Kapitalismus sind die Bauern sozialökonomisch keine einheitliche Klasse mehr. Sie unterliegen einem ständigen Prozess der Differenzierung in die beiden Grundklassen der kapitalistischen Gesellschaft. Klassenmäßig spalten sie sich in Großbauern und werktätige Bauern. Großbauern sind «die kapitalistische Unternehmer in der Landwirtschaft ..., die in der Regel mit der Bauernschaft nur durch... ihre Lebensart und durch die persönliche körperliche Arbeit in ihrer Wirtschaft verbunden sind» (Lenin). Die Mehrzahl der Bauern gehören als einfache Warenproduzenten zur Klasse der werktätigen Bauern, die im Kapitalismus eine Nebenklasse ist. Mittelbauern verfügen über Wirtschaften, die in günstigen Jahren einen Überschuss abwerfen, der, akkumuliert, in Kapital umgewandelt werden kann. Einzelne Mittelbauern können sich so zu Großbauern entwickeln. Die Produktion der Kleinbauern die keine fremden Arbeitskräfte beschäftigen, reicht unter günstigen Bedingungen nur aus, um die Bedürfnisse der Familie zu decken. Sie unterliegen besonders stark der Ruinierung und wachsenden Existenzbedrohung. Die werktätigen Bauern sind an der Beseitigung der kapitalistischen Ausbeutung und der Macht der Monopole objektiv interessiert und folglich potentielle Bündnispartner der Arbeiterklasse. Nach Errichtung der politischen Macht der Arbeiterklasse beginnt eine grundlegende Veränderung der Lage und Klassenstruktur der Bauernschaft. Die werktätigen Bauern erhalten umfassende Hilfe und Unterstützung. Im Prozess der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft entsteht auf der Grundlage des genossenschaftlichen sozialistischen Eigentums an Produktionsmitteln und kollektiver Arbeit mit den Genossenschaftsbauern eine einheitliche, sozialistische Klasse, die frei von Ausbeutung, unter Anwendung der modernsten Technik die sozialistische Großproduktion in der Landwirtschaft entwickelt. Die Klasse der Genossenschaftsbauern ist eine der beiden Grundklassen der sozialistischen Gesellschaft. Im Bündnis mit der Arbeiterklasse und unter Führung der Partei der Arbeiterklasse üben sie mit die politische Macht im Staat aus.

Bauernbefreiung: irreführende Bezeichnung für die im Wesentlichen im 19. Jahrhundert vollzogene Aufhebung der feudalen Abhängigkeit der Bauern, die die Voraussetzung für die Entwicklung des Kapitalismus in der Landwirtschaft war. Sie erfolgte in Deutschland hauptsächlich durch Reformen, wobei mancherlei feudale Relikte erhalten blieben. Um von den feudalen Verpflichtungen befreit zu werden, mussten die Bauern in einem qualvollen und langwierigen Prozess Geldzahlungen leisten und große Teile ihres Landes abtreten. Allein in den ostelbischen Gebieten Preußens eigneten sich die Junker durch die Bauernbefreiung mehr als 1 Millionen Hektar Bauernland an; im Königreich Sachsen mussten die Bauern mehr als 85 Millionen Mark zahlen. Für die Mehrheit der Bauern brachte die Bauernbefreiung lediglich den Übergang aus der feudalen in die kapitalistische Abhängigkeit; viele von ihnen wurden besitzlose Lohnarbeiter.

Bauerndichtung: Literatur, in der Bauern und bäuerliches Milieu thematisch-stofflich widergespiegelt werden; siehe auch Dorfgeschichten.

Bauernhaus: in überlieferter Bauart errichtetes Wohngebäude eines bäuerlichen Familienbetriebes, das ausschließlich Wohnhaus sein, aber auch andere Funktionsräume (Stall, Scheune, Speicher) mit umfassen kann (Wohnstall-, Wohnspeicherhäuser, Wohn-, Stall- und Stapelräume vereinigende Einheitshäuser). Oft bildet es mit Nebengebäuden in lockerer oder fester Gruppierung regionaltypischer Gehöftformen. Für die Lebensweise eines großen Teils der werktätigen Bevölkerung hat das Bauernhaus in der Verbindung von Wohn- und Arbeitsbereichen über Jahrhunderte wesentliche Bedeutung gehabt. Vor- und frühmittelalterlichen Ausgangsformen waren relativ einheitlich und weitverbreitet (ein- beziehungsweise zweiräumige Nur-Wohnhäuser; im Küstengebiet des Norden vormittelalterlichen Hallenhäuser). zwischen 12./14. Jahrhundert entstanden Grundtypen des feudalzeitliches Bauernhaus (niederdeutsches Hallenhaus, mitteldeutsches Ein-(Flurküchen-)Haus und vermutlich auch das Tennerhaus als Leittyp des oberdeutschen Einheitshauses), die vom 15. Jahrhundert an unter städtlichen Einfluss zum Teil repräsentativ (zum Beispiel im Schwarzwald) ausgestaltet und durch Einbau heizbarer Stuben wohnlicher gemacht wurden. Treten bei mitteldeutschen Fachwerkbauten die das Dach und gegebenenfalls das Obergeschoß tragenden Ständer als Außengerüst vor die Stubenwände (in Block- oder Bohlen Zimmerung), entsteht sogenannt Umgebinde (typisch für die Oberlausitz). Der Wohnteil im niederdeutschen Hallenhaus, ursprünglich nur das von der Herdzone gebildete Flett, wurde durch einen ofenbeheizten Raum (Dönse) erweitert. Das Bauernhaus stellt in seiner Formenvielfalt eine wesentliche Kulturleistung dar und birgt als kulturelles Erbe, beabsichtigt oder auch unbewusst geschaffen, ästhetischen Werte.

Bauernkreuzzug: bäuerliche Bewegung zurzeit des 1. Kreuzzuges, die von Nordfrankreich und dem Rheinland ausging und die Eroberung Jerusalems zum Ziel hatte. Die von den Kreuzzugspredigern fanatisierten Bauernheere wurden in Kleinasien von den Seldschuken (1096), beziehungsweise bereits auf der Balkanhalbinsel vernichtet. Dem Wesen nach war der Bauernkreuzzug eine durch die Kreuzzugsideologie legitimierte Flucht der Bauern vor feudaler Ausbeutung, Fehden, Hunger und Missernten, vergleichbar mit Stadtflucht oder Binnenkolonisation.

Bauernkrieg, deutscher: Erhebung der Bauern, städtliche Unterschichten und Bergarbeiter weiter Teile des Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation 1524/26; Höhepunkt der deutschen frühbürgerlichen Revolution. Der deutsche Bauernkrieg erfasste nach der Stühlinger Erhebung im Juni 1524 zunächst den äußersten Südwesten, 1525 auch Schwaben, Franken, Thüringen, Württemberg, das Elsass, die Pfalz, die Nordschweiz und die Alpenländer; Ausläufer reichten nach Westen bis in die Franche Comté und nach Osten bis Böhmen. Die Aufständischen forderten die Verminderung der Abgaben, Abschaffung der Leibeigenschaft, freie Wahl der Pfarrer und volle Nutzung der Allmende (Zwölf Artikel). Der radikale Flügel forderte die Beseitigung jeder sich über das Volk erhebenden Obrigkeit (Artikelbrief, Tiroler Landesordnung). Bedeutende Führer der Aufständischen waren T. Müntzer und M. Gaismair. Von März bis Mai 1525 erlangte das Volk vielerorts die Macht. Seit Mitte April 1525 (Weingartner Vertrag) ging die Initiative an den Schwab. Bund über, dessen Heer die meisten der militärisch unerfahrenen Bauernhaufen einzeln schlug. Zersplitterte Aktionen, das Fehlen einer zentralen Führung und der Hilfe der großen Städte machten die Niederlage der Bauern und der sie unterstützenden niederen städtlichen Schichten unvermeidlich. Bis zum Sommer 1525 waren fast alle Bauernhaufen besiegt; nur in den Alpenländern flammte der Aufstand 1526 noch einmal auf. Die Niederlage der Aufständischen bedeutete das Ende der deutschen frühbürgerlichen Revolution und stabilisierte die feudale Fürstenmacht.

Bauernkrieg, Schweizer: Aufstand gegen die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und die Wertminderung der Münze, der im Januar 1653 von den Bauern der Luzemer Landschaft ausging, sich danach auf die Gebiete von Bern, Solothurn und Basel ausbreitete. Die Bauern beschworen Ende April und Anfang Mai 1653 den Huttwiler Bund unter anderem gegen neue Belastungen und Kriegsabsichten der Obrigkeit. Die Aufständischen handelten jedoch in den einzelnen Landschaften getrennt und unterlagen schließlich. Der Mellinger Vertrag vom 4. 6. 1653 verpflichtete sie zur Niederlegung der Waffen. Die noch Widerstand leistenden Berner wurden kurze Zeit später ebenfalls unterworfen. Die Aufständischen, insbesondere ihre Anführer, wurden hart bestraft (Hinrichtungen, Verbannungen, Verstümmelungen).

Bauernlegen: im Feudalismus das Auskaufen oder Verjagen abhängiger Bauern durch den Grundherrn, um das Land dem Gutshof zuzuschlagen; wurde besonders zur Ausdehnung der Schafhaltung oder des gewinnbringenden Getreideexports praktiziert; erlebte seinen Höhepunkt im 17./18. Jahrhundert im Gebiet der ostelbischen Gutsherrschaft und wurde im 19. Jahrhundert unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen mit der Bauernbefreiung fortgesetzt.

Bauernmöbel: transportable Stücke der traditionellen bäuerlichen Wohneinrichtung. Regionale Herstellungszentren, Dorftischler und -maler entwickelten oft von Barock und Rokoko herkommend eigene Stile der Gestaltung.

Bauernräte: entsprechend einem Aufruf des Rates der Volksbeauftragten vom 12.11. 1918 gebildete Räte; sie sollten dazu dienen, die Kleinbauern und Landarbeiter dem junkerlich-großbäuerlichen Einfluss unterzuordnen und so ein Übergreifen der Revolution auf das Land zu verhindern. In einigen Gebieten kämpften von revolutionären Kräften geführte Bauernräte, zum Teil gemeinsam mit Arbeiter- und Soldatenräten, für eine Bodenreform.

Bauernregeln: Sprüche über Wetter, landwirtschaftliche Arbeitstermine und Ernteaussichten. In diesem vorwiegend mündlich weitergegebenen Volkswissen mischen sich reale Erfahrungen mit überliefertem Volksglauben, zum Teil antiker Herkunft.