Barock

Barock: Stilbezeichnung für die europäischen Kunst um 1600/1750, die sich vom portugiesischen «barucca» (schiefe, unregelmäßige Perle) herleitet und seit der französischen klassizistischen Theorie als «baroque» (das Sonderbare) im abwertenden Sinn für Werke der auf die Renaissance folgenden Architektur, später allgemein, gebraucht wurde. Zur Stilbezeichnung wurde der Begriff Barock nach der Mitte des 19. Jahrhundert; aber erst um 1920, mit der Ausweitung des Begriffs auf alle geistig-schöpfer. Äußerungen der Zeit (Dichtung, Musik und Philosophie), erlangte der Barock allgemeine Anerkennung («Barockzeitalter»), Die Wurzeln des Barockstils liegen in Italien. Er bildete sich dort in der 2. Hälfte des 16. Jahrhundert in organischer Weiterentwicklung von Formen der Hochrenaissance aus, griff Anfang des 17. Jahrhundert auf andere katholische Länder, wie Frankreich, Spanien und die südliche Niederlande über, kam aber in Deutschland erst nach der Beendigung des Dreißigjährigen Krieges zur Blüte. Die Endphase des Barock wird Rokoko genannt. Der Barock ist die Kunst in der Epoche des entfalteten Absolutismus und der durch die Gegenreformation gestärkten Kirche. Beider Streben nach Repräsentation, Illusion und Prunkentfaltung gegenüber dem aufstrebenden Bürgertum wurde in ihm glänzend verwirklicht. Kirchliche und weltliche Auftraggeber waren gleichermaßen an einer gesteigerten Bautätigkeit beteiligt; ihre unbegrenzten Machtbefugnisse gewährleisteten die Ausführung von gewaltigen ¡Bauvorhaben, die der Selbstverherrlichung und Propaganda dienten. Die gegenreformatorische Bewegung benutzte dazu die ausdrucksstarke Kraft der barocken Kunstmittel und erzeugte damit besonders im Kirchenbau mit der Steigerung der Dimensionen, durch Pracht und Pathos ein illusionistisches Raumgefüge, in dem sich Architektur, Malerei und Plastik gegenseitig durchdringen und ergänzen. Es entstand das für den Barock charakteristisches Gesamtkunstwerk mit einem oft überwältigenden Zusammenklang von Form, Farbe und Licht, das unter anderem auch die Gartenkunst («Französischer Park») mit einbezieht. Dort, wo das Bürgertum maßgebend war, trägt der Barock realistische, volkstümliche und stark gefühlsbetonte Züge (Rembrandt, F. Hals, A. Brouwer). Charakteristisch für den Barock im Allgemeinen sind 3 formale Kennzeichen: Unterordnung, Bewegung und Verschmelzung. Innerhalb der einzelnen Kunstgattungen ist die Architektur herrschend, während die Malerei und Plastik vorwiegend dekorative Funktionen haben. Das fürstliche Schloss (mit Park, Orangerie und so weiter) wird zum führenden Bauwerk. Nach dem für ganz Europa beispielgebenden Schloss von Versailles erhält es einen dominierenden, etwas eingerückten Mitteltrakt und weit ausgreifende Seitenflügel, die einen Ehrenhof oder eine Auffahrt oder (typisch für Deutschland) einen aufwendig geschwungenen Treppenaufgang mit reicher Dekoration, der zum Festsaal hinaufführt, umschließen. Dabei gewinnen die mehrere Geschosse verklammernde «Kolossalordnung» und ovale, elliptische und geschweifte Formen bei Fassadenlinien, Kuppeln und Grundrissen, auch konkav-konvexe Schwingungen sowie Übereckstellung und Verdoppelung von Pfeilern und Pilastern Bedeutung. Vorbildwirkend für die Verschmelzung von Längs- und Zentralraum im Kirchenbau war «II Gesü» in Rom.

In der Malerei und Plastik wurden religiöse und mythologische Szenen durch üppig schwellende Körper, drastische Detailtreue, bühnenmäßige Inszenierung und spannungsvolle Bildkomposition (Diagonale, Ellipse) dramatisch zugespitzt, aber auch mystisch verklärt (L. Bemini, B E. Murillo, P. P. Rubens, A Carracci). Daneben entstanden massenweise sogenannt repräsentative Herrscherporträts. Von Rom aus verbreiteten sich die Darstellungen tiefräumiger, an antiker Schönheit orientierter idealer Landschaften mit mythologischer Staffage (C. Lorrain, N. Poussin). Allgemein sehr beliebt waren illusionistische, untersichtige, Himmel und Erde scheinbar verbindende Deckenmalereien in Kirchen und Profanbauten (G. B Tiepolo, F. A. Maulbertsch). Die Skulpturen wurden raumgreifend; reges Mienenspiel, lebhafte Gebärden und flatternde Gewänder unterstreichen den Bewegungsdrang (L. Bemini, A. Schlüter).

Barock-Antiqua: zu den runden Schriften gehörende, optisch und historisch zwischen Renaissance- und klassizistische Antiqua stehende Schriftgattung.

Barockmusik: Stil- und Epochenbegriff für die europäischen Musik von etwa 1580/1750 («Generalbasszeitalter»), um 1920 in Anlehnung an die bildenden Künste übernommen. Neuere Darstellungen vermeiden den unklaren Sammelbegriff, der weder über die Geisteshaltung der Epoche noch über die stilistischen Erscheinungen etwas Wesentliches aussagt.

Barocktheater: das höfliche Theater des europäischen Feudalabsolutismus im 17. und 18. Jahrhundert, das im Gegensatz zum Realismus des Renaissancetheaters fast ausschließlich der Repräsentation und der Darstellung christlich-feudaler Tugendideale diente; entwickelte mit Hilfe der Kulissenbühne, der Perspektivmalerei und komplizierter Maschinerien teilweise grandiosen Prunk.