Studieren mit Behinderung

Behinderung

Ein Studium ist grundsätzlich auch mit einer körperlichen Behinderung möglich und erwünscht. Allerdings gilt es, schon bei der Beantragung der Zulassung einige Besonderheiten zu beachten. Sie ziehen sich bis zum barrierefreien Zugang der Räumlichkeiten an der Universität und umfassen auch die Wohnsituation. Behinderten steht also in allen Bereichen und in allen Phasen des Studiums eine Reihe von unterstützenden Maßnahmen zur Verfügung.

Bei der Bewerbung haben Behinderte die Möglichkeit, Sonderanträge zu stellen um behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen. Die Anträge auf Nachteilsausgleich betreffen die Durchschnittsnote und die Wartezeit, das Verfahren mit allen Anträgen und Nachweisen ist bei den Hochschulen zu erfragen. Ein Härtefallantrag erleichtert die sofortige Zulassung zum Studium, wenn gesundheitliche Umstände gegeben sind. Dem Antrag ist meist ein ärztliches Gutachten hinzuzufügen. Auch eine Anfrage auf Berücksichtigung des ersten Studienortwunschs ist als Zusatzantrag einzureichen.

Juristisch betrachtet mussten die Prüfungsordnungen für Diplom- und Magisterprüfungen sowie für Bachelor- und Masterstudiengänge um Nachteilsausgleichsregelungen erweitert werden, die behinderten Studierende den Ausgleich der behinderungsbedingten Nachteilen garantieren. Haben einzelne Prüfungsordnungen diese Modifikationen noch nicht berücksichtigt, empfiehlt sich die Kontaktaufnahme zum Behindertenbeauftragten der Universität. Er wird bei der Durchsetzung von berechtigten Ansprüchen auf Nachteilsausgleich unterstützend zur Verfügung stehen. Mögliche Maßnahmen können zum Beispiel die Durchführung mündlicher statt schriftlicher Prüfungen sein, die Zeitverlängerung für Hausarbeiten und Klausuren oder die Verlängerung der Prüfungszeit, wenn Unterbrechungen der Prüfungsvorbereitungszeit aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen erforderlich waren.

Auch bei den Studiengebühren und Studienbeiträgen greift ein Nachteilsausgleich für Studenten mit Behinderung, sie gelten in Bundesländern, die entsprechende Gebühren bereits eingeführt haben. Und schließlich können Behinderte während des Studiums zusätzliche technische Hilfsmittel in Anspruch nehmen, sie erhalten Hilfe bei Seminaren und Vorlesungen zur Vor- und Nachbereitung des Lehrstoffes, sie genießen bei Bedarf eine Unterstützung im Haushalt, sie können sich individuell durch mobile Hilfsdienste unterstützen lassen, und sie werden bei der Vergabe von Plätzen in Studentenwohnheimen bei Bedarf bevorzugt berücksichtigt.

Studienplatzvergabe bei Behinderungen

Gerade die zulassungsbeschränkten Studiengänge stellen Bewerber mit Behinderungen vor große Probleme. Es genügt für sie nicht einfach, den Antrag bei der ZVS oder direkt bei der Hochschule zu stellen.
Studienplatzbewerber mit Behinderungen werden von den Hochschulen gesondert behandelt. Wichtig: Sie müssen einen Nachweis der Behinderung vorlegen und auf die rechtzeitige Antragstellung in Härtefällen achten.

Nachteilsausgleichsregelung für behinderte Studenten

Die Nachteilsausgleichsregelungen gelten sowohl für behinderte Studienplatzbewerber als auch für solche mit chronischen Krankheiten. Für diese Personengruppen kann das Warten auf den Studienplatz eine besondere Härte darstellen, da sie Wartezeiten oft nicht sinnvoll überbrücken können. So können Sonderanträge bei der ZVS oder direkt an den Hochschulen gestellt werden. Damit wird die sofortige Zulassung zum Studium beantragt. Außerdem kann ein Antrag auf Berücksichtigung des ersten Ortswunsches für das Studium gestellt werden.

Sonderanträge für Einzelfälle

Es gibt eine Reihe von Sonderanträgen, die in Kombination mit den üblichen Anträgen von Hochschule oder ZVS gestellt werden können. So die Zulassung zum Studium wegen besonderer Härte. Für solche Studienplatzbewerber reserviert die ZVS in der Regel maximal zwei Prozent der Plätze. Kann durch das Studium die berufliche Rehabilitation erreicht werden, so sind die betreffenden Studenten im Allgemeinen sofort zum Studium zuzulassen. Auch wenn sich eine Verschlimmerung der Krankheit abzeichnet, kann eine sofortige Zulassung nötig werden. Ein weiterer Sonderfall sind Studienplatzbewerber, für die es nur ein eingeschränktes Berufsfeld gibt.

Nachweisverfahren für betroffene Studenten

Durch ein fachärztliches Gutachten müssen die einzelnen Härtefälle nachgewiesen werden. In diesem Gutachten nimmt der Arzt Stellung zu Schwere, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten der Krankheit oder Behinderung. Außerdem wird eine persönliche Stellungnahme vom Bewerber verlangt. Hierin muss der Studienplatzbewerber seine eigene Situation sowie seine Zukunftsplanung darlegen. In Einzelfällen können zusätzliche Nachweise gefordert werden. Die Vorlage des Schwerbehindertenausweises kann sinnvoll sein, ersetzt jedoch nicht das ärztliche Gutachten.

Technische Hilfsmittel für Studenten mit Sehbehinderung oder Blindheit

Studenten, die aufgrund einer Sehbehinderung oder Blindheit nur eingeschränkt studieren können, bekommen auf Antrag technische Hilfsmittel gestellt oder dürfen diese verwenden. Teilweise werden die Hilfsmittel in Kombination mit der Studienassistenz eingesetzt. Speziell angepasste Geräte sind oft eine Grundlage dafür, dass das Studium überhaupt wie geplant durchgeführt werden kann.

Hilfen für hörgeschädigte Studierende

Für hörgeschädigte Studierende kommen Funk-Mikrofon-Anlagen in den Vorlesungen zum Einsatz. Damit können sie auch an Seminaren teilnehmen. Richtmikrofone sowie Infrarotanlagen helfen ebenfalls dabei, das Studium mit Handicap durchzuführen. Die Anträge für die Hilfen sind bei der Hochschule bzw. über das Studentenwerk zu stellen.

Hilfen für blinde Studierende

Blinde Studierende bekommen ein leistungsstarkes Notebook gestellt. Teilweise wird als Ersatz dafür auch ein normaler Rechner angeboten, der mit einem mobilen Notizgerät kombiniert wird. Beide Varianten warten mit der Möglichkeit auf, die Brailleschrift zu nutzen. Außerdem wird ein Scanner mit Texterkennungssoftware vergeben. Sehr hilfreich ist zudem der Screenreader, der über eine Ausgabe in verschiedenen Sprachen verfügt. Außerdem werden eine Funknetzkarte sowie ein handelsüblicher Drucker zur Verfügung gestellt.

Hilfen für sehgeschädigte Studierende

Das oben bereits beschriebene Notebook bekommen in der Regel auch Studenten gestellt, die über eine Sehbehinderung verfügen. Teilweise wird eine portable Kamera damit kombiniert. Das Fernlesegerät sowie ein Großschriftsystem mit Sprachausgabe werden ebenfalls an den Studenten übergeben. Als weitere Komponenten erhalten die Studenten die Hilfen, die auch für blinde Studierende zur Verfügung stehen.

Anpassung der Komponenten

Wichtig ist, dass die einzelnen Komponenten gut aufeinander abgestimmt sind. Das Studium steht und fällt für die meisten behinderten Studenten mit dem leistungsfähigen Rechner, der nicht nur als Arbeits-, sondern auch als Kommunikationsmittel dient. Die entsprechenden Anträge müssen rechtzeitig bei der jeweiligen Hochschule eingereicht werden, denn nicht jede Hochschule sieht die benötigte Menge an technischen Hilfsmitteln für das jeweilige Semester zu Beginn schon vor.

Studienassistenz für behinderte Studenten

Für Studenten mit Behinderungen gibt es die so genannte Eingliederungshilfe. Insbesondere gilt laut Sozialgesetzbuch, dass eine "Hilfe zur schulischen Ausbildung (...) einschließlich des Besuchs einer Hochschule" gewährt wird. Genauer wird der Anspruch in der Eingliederungshilfeverordnung in § 13 geklärt. Zuständig für die Studienassistenz sind die Sozialhilfeträger, die überörtlich agieren und sich in Trägerschaft der Kommunalverbände oder des Bundeslandes befinden.

Studienassistenz für Lernarbeiten

Die Studienassistenz wird als Hilfe für den Besuch von Seminaren, Vorlesungen und anderen Lernveranstaltungen gesehen. Auch für die Teilnahme an Prüfungen - ob mündlicher oder schriftlicher Art - sowie für die Erstellung von Hausarbeiten und Referaten kann die Studienassistenz genutzt werden. Die Hilfe erstreckt sich des Weiteren auf nötige Recherchen in der Bibliothek und auf die Wege von und zur Hochschule. Der Sozialhilfeträger übernimmt die dafür anfallenden Kosten ebenso wie für ein Praktikum mit Begleitung sowie für einen Studienaufenthalt im Ausland, welches für das Studium selbst aber als sehr förderlich gelten muss.

Finanzielle Grenzen

Für den Umfang der Hilfen werden die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Studenten herangezogen. Grundsätzlich gilt, dass ein behinderter Student, der unter die BAföG-Regelung fällt oder ein Einkommen hat, welches lediglich einige Hundert Euro im Monat beträgt, keinen Eigenanteil für die Studienassistenz leisten muss. Die Eltern müssen sich in jedem Fall an der Studienassistenz beteiligen, da sie unterhaltspflichtig sind. Nur dann, wenn sie das nicht tun, übernimmt der Sozialhilfeträger sämtliche Kosten. Er geht allerdings nur in Vorleistung, die Eltern müssen das vorgestreckte Geld dann wieder zurückzahlen. Als Faustregel gilt ein Stundenlohn von acht Euro für einen Studienassistenten. Im Einzelfall kann dieser Satz höher liegen.
Wichtig: Auch Hilfsmittel, wie der PC mit zugehörigen Peripherie-Geräten, werden im Rahmen der "Hilfe zum Besuch einer Hochschule" übernommen. Dazu kommen die Fahrtkosten, die für den Besuch der Universität anfallen, wobei generell von den Kosten für öffentliche Verkehrsmittel ausgegangen wird.

Auslandsstudium mit Behinderung

Wer einen Teil seines Studiums im Ausland verbringt, kehrt mit vielen neuen Eindrücken, internationalen Freundschaften und aufpolierten Fremdsprachenkenntnissen zurück. Eine Behinderung muss heutzutage kein Grund mehr sein, sich diesen spannenden Lebensabschnitt entgehen zu lassen. Diverse staatliche Fördermittel helfen beeinträchtigten Studierenden bei der Realisierung eines Auslandsstudiums.

Bausteine der Finanzierung

Wie ihre nicht behinderten Kommilitonen können selbstverständlich auch Studierende mit Handicap bei einem vorübergehenden Auslandsstudium Auslands-Bafög und Kindergeld beziehen. Hierbei ist allerdings kein behinderungsbedingter Mehrbedarf anmeldbar. Betroffene, die im Inland wegen ihrer Behinderung Eingliederungshilfe beziehen, können jedoch auch im Ausland entsprechende Zuwendungen erhalten. Voraussetzung ist, dass sich durch den Auslandsaufenthalt die Gesamtdauer der Eingliederungshilfe "nicht wesentlich verlängert" und keine "unvertretbaren Mehrkosten" entstehen (§ 23 Eingliederungshilfeverordnung). In welcher Höhe Zusatzkosten vertretbar sind, liegt im Ermessen des zuständigen überörtlichen Sozialhilfeträgers. Gut zu wissen: Pflegegeld aus der sozialen Pflegeversicherung kann im EU-Ausland sowie in Norwegen, Island und der Schweiz unbegrenzt weiter bezogen werden. In Übersee erhalten behinderte Studierende maximal 6 Wochen lang Pflegegeld.

Sonderförderung für ERASMUS-Teilnehmer

Behinderte und chronisch Kranke, die mit dem ERASMUS-Programm ins Ausland gehen, können beim DAAD eine Übernahme des behinderungsbedingten Mehrbedarfs beantragen. Dort stehen Sondermittel zur Verfügung, die eine Förderung von bis zu 10.000 Euro pro Fall erlauben. Gestellt wird der Antrag über den ERASMUS-Hochschulkoordinator der Heimatuniversität. Beizufügen sind ärztliche Bescheinigungen, ggf. eine beglaubigte Kopie des Schwerbehindertenausweises sowie ein ausführlicher Kostenvoranschlag über die zu erwartenden Mehrkosten im Ausland. Natürlich übernimmt der DAAD nur Kosten, die nicht bereits durch einen anderen Träger gedeckt sind.

Rechtzeitig mit der Planung beginnen

Klar ist: Schon im Inland bedeutet ein Studium mit Behinderung einen erheblichen finanziellen und organisatorischen Mehraufwand. Für ein Auslandsstudium gilt dies umso mehr. Interessierte sollten daher rund 2 Jahre vor der geplanten Abreise mit der Vorbereitung beginnen. Erste Anlaufstelle ist das Akademische Auslandsamt der Heimathochschule, das womöglich auch Kontakte zu behinderten Studierenden vermitteln kann, die bereits im Gastland studiert haben. Neben einer gründlichen Internetrecherche sind Informationen aus erster Hand immer noch die beste Planungsgrundlage.